
Fristlose Kündigung in der Schweiz
Vorlagen und Wissenswertes zur fristlosen KündigungAus wichtigen Gründen können Arbeitgebende sowie Arbeitnehmende jederzeit das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen. In der Praxis gestaltet sich die Frage, ob eine fristlose Kündigung zulässig ist, oftmals als schwierig. In diesem Artikel finden Sie wichtige Informationen zum Thema fristlose Kündigung und was Sie darüber wissen sollten.
- Lesezeit: 6 Minuten
- Letztes Update: Mai 2025
Gründe für eine fristlose Kündigung durch Arbeitgeber:innen
Eine fristlose Kündigung bedeutet die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Dieser drastische Schritt ist in der Schweiz nur aus wichtigen Gründen zulässig. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann (Art. 337 OR). Die häufigsten Gründe sind:
- Straftaten am Arbeitsplatz: Darunter fallen Handlungen wie Diebstahl, Betrug oder mutwillige Sachbeschädigung. Beispiel: Ein Mitarbeiter stiehlt regelmässig Geld aus der Firmenkasse.
- Konkurrenzierende Tätigkeit: Wenn ein Arbeitnehmer für ein Konkurrenzunternehmen arbeitet oder ein eigenes Konkurrenzunternehmen betreibt. Beispiel: Ein Verkäufer in einem Elektronikgeschäft betreibt nebenbei einen eigenen Onlineshop für Elektronikartikel, ohne seine Arbeitgeberin darüber zu informieren.
- Verrat von Geschäftsgeheimnissen: Wenn zum Beispiel eine Arbeitnehmerin geheime Produktionsverfahren an einen Konkurrenten weitergibt.
- Annahme von Schmiergeldern: Wenn ein Mitarbeiter Bestechungsgelder annimmt, um Geschäfte zu beeinflussen. Beispiel: Ein Einkäufer nimmt Bestechungsgelder von einer Lieferantin an, um deren Produkte zu bevorzugen.
- Gewalt oder schwere verbale Angriffe am Arbeitsplatz: Zum Beispiel, wenn ein Arbeitnehmer einen Kollegen schlägt oder eine Vorgesetzte schwer beleidigt.
Weniger schwerwiegendes Fehlverhalten muss zunächst abgemahnt werden, bevor eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden kann. Dabei spielen die Umstände des Einzelfalls eine wichtige Rolle. Beispiele sind:
- Regelmässiges Zuspätkommen zur Arbeit
- Unentschuldigtes Fehlen am Arbeitsplatz
- Exzessives Telefonieren oder übermässige Internetnutzung am Arbeitsplatz
- Verstösse gegen Anweisungen des Arbeitgebers
Schlechte Arbeitsleistungen rechtfertigen in der Regel keine fristlose Kündigung. Wenn ein:e Mitarbeiter:in durch Unfall, Krankheit oder andere persönliche Umstände unverschuldet an der Arbeit gehindert wird, darf ihm respektive ihr nie fristlos gekündigt werden (Art. 337 Abs. 3 OR).
Nur beweisbare Tatsachen rechtfertigen eine fristlose Kündigung in der Schweiz
Die Gründe für eine fristlose Kündigung müssen den Tatsachen entsprechen und von der kündigenden Partei bewiesen werden können. Kündigt der Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin fristlos aufgrund eines Verdachts, der sich nach einer Untersuchung nicht bestätigt, ist die fristlose Kündigung unzulässig. Eine solche ungerechtfertigte fristlose Kündigung kann angefochten werden (siehe unten).
Reagiert der Arbeitgeber nicht sofort auf einen Verstoss der Arbeitnehmerin, verliert er sein Recht zur fristlosen Kündigung. Nach der Gerichtspraxis hat der Arbeitgeber nach einem Vorfall lediglich zwei bis drei Werktage Zeit, um zu entscheiden, ob er fristlos kündigen will. Eine längere Reaktionsfrist wird nur in wenigen Fällen toleriert. Zu denken ist beispielsweise an Fälle, bei welchen der Kündigungsentscheid vom Verwaltungsrat in einer gemeinsamen Sitzung getroffen werden muss.
Was Sie als Arbeitnehmer:in bei einer fristlosen Kündigung beachten müssen
Eine fristlose Kündigung ist für Arbeitnehmer:innen oft der letzte Ausweg aus einem untragbaren Arbeitsverhältnis. Es ist ratsam, in solchen Situationen rechtlichen Rat einzuholen, um mögliche Konsequenzen richtig einschätzen und entsprechende Schritte einleiten zu können.
Grundsätzlich können Arbeitnehmer:innen unter denselben Voraussetzungen wie Arbeitgeber:innen fristlos kündigen, also wenn ihnen nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann.

Die häufigsten Gründe für eine fristlose Kündigung als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer
Eine fristlose Kündigung ist ein schwerwiegender Schritt, der gut überlegt sein will. Die häufigsten Gründe, warum Arbeitnehmer: innen fristlos kündigen, sind:
- Schwere Pflichtverletzungen des Arbeitgebers: Dazu gehören zum Beispiel sexuelle Belästigung, tätliche Angriffe oder schwere Beleidigungen.
- Nichtzahlung des Lohns: Wenn der Arbeitgeber den Lohn trotz Mahnung wiederholt nicht oder nur unregelmässig zahlt.
- Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin, sofern nicht innerhalb einer angemessenen Frist Sicherheit für die Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis geleistet wird.
- Gesundheitsgefährdung: unzumutbare Arbeitsbedingungen, die die Gesundheit der Arbeitnehmenden ernsthaft gefährden (siehe Mobbing am Arbeitsplatz)
Bei ausstehenden Löhnen können Arbeitnehmer:innen ihre Arbeit einstellen, ohne ihren Lohnanspruch zu verlieren. Da es oft schwierig ist, festzustellen, ob die Bedingungen für eine fristlose Kündigung erfüllt sind, ist das Einstellen der Arbeitsleistung meist die sicherere Alternative.
Aber Achtung: Wird ein Unternehmen zahlungsunfähig und geht in Konkurs, gibt es eine Insolvenzentschädigung. Diese wird in der Regel nur für geleistete Arbeit und maximal für vier Monate gezahlt. Je nach Situation kann es also besser sein, trotz ausstehender Lohnzahlungen weiterzuarbeiten, um diese Entschädigung zu erhalten.
Lohnzahlung bei fristloser Kündigung durch Arbeitnehmer:in
Die Lohnzahlung nach einer fristlosen Kündigung hängt davon ab, ob die fristlose Kündigung gerechtfertigt ist oder nicht.
Ist die fristlose Kündigung gerechtfertigt, hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf den Lohn, den sie während der ordentlichen Kündigungsfrist verdient hätte. Je nach den Umständen kann die Arbeitnehmerin sogar eine zusätzliche Entschädigung verlangen.
Im Falle einer ungerechtfertigten Kündigung oder beim Verlassen der Arbeitsstelle ist der Arbeitgeber nicht mehr zur Lohnzahlung verpflichtet und kann darüber hinaus eine Entschädigung verlangen. Diese Entschädigung beträgt ein Viertel des Monatslohns. Zusätzlich kann der Arbeitgeber Schadenersatz verlangen, zum Beispiel für die Mehrkosten einer Ersatzkraft. Der Arbeitgeber kann diese Entschädigung ohne Nachweis verlangen, und die Arbeitnehmerin riskiert, für den gesamten Schaden haftbar gemacht zu werden, wenn ein solcher Schaden nachgewiesen werden kann.
Der Entschädigungsanspruch des Arbeitgebers muss innerhalb von 30 Tagen durch Betreibung oder Klage geltend gemacht werden. Wird diese Frist versäumt, verfällt der Anspruch auf die Entschädigung, jedoch nicht auf Schadenersatz. Eine Ausnahme besteht, wenn noch Lohnforderungen bestehen, die mit der Entschädigung verrechnet werden können.
Fristlose Kündigung: Vorlage für Arbeitnehmende
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Arbeitszeugnis bei fristloser Kündigung: Was gilt?
Ein Arbeitszeugnis ist ein wichtiger Nachweis über Ihre berufliche Tätigkeit und Ihre Arbeitsleistung. Auch nach einer fristlosen Kündigung haben Sie Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Dabei sind einige Besonderheiten zu beachten.
Unabhängig davon, ob die fristlose Kündigung gerechtfertigt war oder nicht, haben Sie als Arbeitnehmer Anspruch auf ein wohlwollendes Arbeitszeugnis, das Ihren weiteren beruflichen Werdegang nicht unnötig erschwert.
Bei gerechtfertigten fristlosen Kündigungen ist die Arbeitgeberin in der Regel berechtigt und verpflichtet, einen Hinweis über die Kündigungshintergründe im Zeugnis anzubringen. Hier kann es für den Arbeitnehmer Sinn machen, eine Arbeitsbestätigung zu verlangen.
Bei ungerechtfertigter fristloser Entlassung ist das Zeugnis so auszugestalten, dass nicht ersichtlich ist, dass eine fristlose Kündigung erfolgte, insbesondere durch Anpassung des Enddatums.
Sollten Sie mit Ihrem Arbeitszeugnis nicht zufrieden sein, haben Sie gegebenenfalls die Möglichkeit, eine Berichtigung zu verlangen. Wenn der Arbeitgeber dies verweigert, können Sie rechtliche Schritte einleiten und das Zeugnis anfechten.
Fristlose Kündigung anfechten: Ihre Rechte als Arbeitnehmer:in
Wenn Sie als Arbeitnehmer:in eine ungerechtfertigte fristlose Kündigung anfechten möchten, müssen Sie beim zuständigen Gericht Klage einreichen. Hat der Arbeitgeber die fristlose Kündigung allein verschuldet, muss er gemäss Art. 337b Abs. 1 OR vollen Schadenersatz leisten. Ist die Anfechtung der fristlosen Kündigung erfolgreich und wird die Kündigung für ungerechtfertigt erklärt, muss der Arbeitgeber den entgangenen Lohn ersetzen. Gemäss Art. 337c Abs. 1 OR haben Sie Anspruch auf Schadenersatz für den entgangenen Verdienst bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Dazu gehören neben dem normalen Lohn auch entgangene Provisionen und andere geldwerte Vorteile.
Sie müssen sich jedoch anrechnen lassen, was Sie infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einsparen oder durch anderweitige Arbeit erwerben. Zusätzlich kann Ihnen gemäss Art. 337c Abs. 3 OR eine weitere Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen zugesprochen werden. Das Gericht berücksichtigt dabei namentlich die Schwere des Verschuldens des Arbeitgebers, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und das Ausmass der durch die fristlose Kündigung verursachten Persönlichkeitsverletzung. Bei Mitverschulden des Arbeitnehmers kann die Entschädigung entsprechend herabgesetzt werden.
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