
Die Arbeitgeberin zahlt den Lohn nicht?
Lohnausstand: Wissenswertes auf einen BlickSie haben Ihren Lohn nicht rechtzeitig oder vollständig erhalten? Was ärgerlich ist, kann schnell auch die Existenz gefährden. In der Schweiz ist der pünktliche Lohnanspruch gesetzlich verankert. Wenn die Arbeitgeberin den Lohn nicht oder nur teilweise zahlt, können Sie als Arbeitnehmer:in Ihre Rechte geltend machen.
- Lesezeit: 7 Minuten
- Letztes Update: Januar 2025
Lohn nicht erhalten? Das sagt das Arbeitsrecht in der Schweiz
Wenn Ihr:e Arbeitgeber:in den Lohn nicht bezahlt, ist dies eine klare Verletzung der arbeitsrechtlichen Pflichten. Gemäss Art. 322 OR ist die Arbeitgeberin verpflichtet, den Lohn pünktlich und in der vereinbarten Höhe zu zahlen. Der Lohn muss zudem gemäss Art. 323 OR spätestens am letzten Tag des Monats ausbezahlt sein. Vorbehalten bleibt eine anderslautende vertragliche Abmachung. Sollte der Lohn nicht am Fälligkeitsdatum ausbezahlt werden, so haben Sie Anspruch auf Verzugszins von 5% pro Jahr (Art. 104 OR), wobei es ohne ausdrückliche Vereinbarung einer vorgängigen Mahnung bedarf.
So gehen Sie bei Lohnverzug des Arbeitgebers vor
Wenn die Arbeitgeberin den Lohn nicht oder nur teilweise zahlt, haben Sie als Arbeitnehmer:in verschiedene Möglichkeiten, Ihren Lohnanspruch durchzusetzen. Hier sind die Schritte, die Sie bei einem Lohnausstand oder Lohnverzug beachten sollten:
- Schriftliche Lohnforderung: Zunächst müssen Sie den / die Arbeitgeber:in schriftlich zur Zahlung des ausstehenden Lohns auffordern. In diesem Schreiben sollten Sie den noch ausstehenden Betrag nennen und eine Frist zur Ausbezahlung setzen. Versenden Sie die Lohnforderung aus Beweisgründen per Einschreiben oder mit der Versandart A-Post Plus (unter Aufbewahrung des Sendungsnachweises).
- Lohnmahnung: Sollte der / die Arbeitgeber:in auf die Lohnforderung nicht reagieren oder den Lohn immer noch nicht zahlen, können Sie eine Lohnmahnung verfassen. Erwähnen Sie, dass Sie rechtliche Schritte einleiten werden, falls die Zahlung weiterhin ausbleibt, und setzen Sie erneut eine Frist zur Zahlung.
- Schlichtungsverfahren / Betreibung: Wenn Ihr:e Arbeitgeber:in auch nach der Mahnung nicht zahlt, können Sie ein Schlichtungsverfahren bei der zuständigen Schlichtungsbehörde einleiten. Ziel ist es, eine Einigung zu finden, um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden. Alternativ können Sie auch eine Betreibung gegen Ihre:n Arbeitgeber:in einleiten. Welche Option sinnvoller ist, hängt von Ihrer Situation ab (z.B. ob Sie bereits ein Gerichtsurteil oder einen anderen rechtlichen Nachweis haben, der beweist, dass der / die Arbeitgeber:in zahlen muss). Falls der / die Arbeitgeber:in droht insolvent zu werden (zum Beispiel durch Konkurs), müssen Sie schnell handeln, indem Sie mahnen und nötigenfalls die Betreibung einleiten und weiterverfolgen. Andernfalls riskieren Sie, keine Insolvenzentschädigung zu bekommen.
- Lohnklage / Fortführung des Betreibungsverfahrens: Sollte das Schlichtungsverfahren scheitern oder der / die Arbeitgeber:in weiterhin nicht zahlen, können Sie eine Lohnklage beim Arbeitsgericht einreichen. Das Gericht prüft den Fall und entscheidet, ob der / die Arbeitgeber:in zur Zahlung verpflichtet ist. Im Falle einer Betreibung sollten Sie das Verfahren fortsetzen, indem Sie entweder ein Fortsetzungsbegehren stellen (um die Betreibung weiterzuführen) oder ein Gesuch um Rechtsöffnung einreichen (damit ein Gericht entscheidet, dass die Betreibung rechtmässig ist und fortgesetzt werden kann).
- Arbeitsverweigerung: In Ausnahmefällen haben Sie unter bestimmten Bedingungen das Recht, die Arbeitsleistung zu verweigern, wenn der / die Arbeitgeber:in weiterhin nicht zahlt. Dies ist jedoch nur zulässig, wenn der Lohnverzug erheblich ist und Sie den / die Arbeitgeber:in vorher schriftlich über Ihre Absicht informiert haben. Beachten Sie auch, dass eine Arbeitsverweigerung wegen Lohnverzug nur so lange gerechtfertigt ist, wie der Lohn nicht gezahlt wird. Zudem sollten Sie sich vor diesem Schritt rechtlich beraten lassen, um sicherzustellen, dass Sie keine rechtlichen bzw. versicherungsrechtlichen Konsequenzen zu befürchten haben (z.B. verlieren Sie möglicherweise das Recht auf eine finanzielle Entschädigung, falls Ihr:e Arbeitgeber:in insolvent wird).
- Fristlose Kündigung: Insbesondere bei grösseren Lohnausständen ist es unter Umständen angezeigt, nach Art. 337 oder Art. 337a OR vorzugehen. Eine fristlose Kündigung kann demnach dann sinnvoll sein, wenn der / die Arbeitgeber:in eine erhebliche Lohnschuld über einen längeren Zeitraum hat und seine / ihre Pflichten massiv verletzt. Da dies seitens der Arbeitslosenkasse zu Sanktionen führen kann (z.B. können Ihnen Tage des Arbeitslosengeldes gestrichen werden, wenn die Kündigung als nicht gerechtfertigt angesehen wird), empfehlen wir Ihnen, dies vorher mit der Arbeitslosenkasse abzusprechen und sich die Auskunft aus Beweisgründen schriftlich bestätigen zu lassen. Zusätzlich wird empfohlen, sich vorab juristisch beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass Sie korrekt vorgehen und keine Nachteile entstehen.
Vorlage für eine Lohnforderung und Lohnmahnung bei Zahlungsverzug
Hier finden Sie Musterbriefe zur Lohnforderung und Lohnmahnung bei Zahlungsverzug der Arbeitgeberin.
Ist Arbeitsverweigerung bei Lohnrückstand erlaubt?
Das Obligationenrecht sieht vor, dass Arbeitnehmer:innen in bestimmten Fällen das Recht haben, ihre Arbeitsleistung zu verweigern, wenn der Lohn nicht gezahlt wird. Es ist jedoch wichtig, die Bedingungen für diese Massnahme genau zu beachten, um nicht selbst in eine arbeitsrechtliche Falle zu geraten.
Voraussetzungen für die Arbeitsverweigerung bei Lohnverzug:
- Der / Die Arbeitgeber:in hat den Lohn nicht pünktlich bezahlt. Der Lohnverzug beginnt ab dem Tag, an dem der Lohn fällig war.
- Sie haben den / die Arbeitgeber:in schriftlich und nachweisbar unter Fristansetzung zur Lohnzahlung aufgefordert (Lohnforderung bzw. Lohnmahnung).
- Bleibt der Lohn nach Ablauf dieser Frist weiterhin aus, dürfen Sie Ihre Arbeit verweigern. Wichtig dabei: Informieren Sie Ihre:n Arbeitgeber:in in einem zweiten Schreiben ausdrücklich darüber, dass Sie Ihre Arbeitsleistung aufgrund des Lohnrückstands einstellen werden.
Die Arbeitsverweigerung darf nur so lange andauern, wie der Lohn nicht gezahlt wird. Kein Arbeitsverweigerungsrecht besteht bei geringfügigen Lohnausständen oder wenn Nicht-Lohn (bspw. Gratifikation) ausstehend ist. Sobald der / die Arbeitgeber:in die ausstehende Zahlung geleistet hat, müssen Sie die Arbeit wieder aufnehmen. Eine unüberlegte Arbeitsverweigerung kann als Vertragsverletzung gewertet werden, was zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung führen kann. Eine Arbeitsverweigerung kann dazu führen, dass Sie versicherungsrechtlich Nachteile haben, wie zum Beispiel den Verlust Ihres Anspruchs auf eine Insolvenzentschädigung. Lassen Sie sich vor einem solchen Schritt unbedingt rechtlich beraten.
Was tun, wenn die Arbeitgeberin nur einen Teil des Lohns zahlt?
Zahlt Ihre Arbeitgeberin nur einen Teil des Lohns, sollten Sie zunächst prüfen, ob es sich um ein einmaliges Missverständnis handelt, zum Beispiel um eine falsche Berechnung oder unklare Abzüge. Fordern Sie in jedem Fall schriftlich die vollständige Zahlung des ausstehenden Lohns und setzen Sie eine angemessene Frist. Verzugszinsen können auch auf den ausstehenden Teilbetrag geltend gemacht werden. Zahlt die Arbeitgeberin weiterhin nicht, können Sie weitere Schritte einleiten, wie bei einer kompletten Nichtzahlung des Lohns.
Die Arbeitgeberin zahlt den Lohn nicht nach der Kündigung: Ihre Rechte
Als Arbeitnehmer:in der Schweiz haben Sie bei Leistung Ihrer Arbeit Anspruch auf den vereinbarten Lohn – sowohl während des Arbeitsverhältnisses als auch für die Dauer der Kündigungsfrist. Gerät die Arbeitgeberin in Lohnverzug, gelten dieselben Schritte zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche wie während eines laufenden Arbeitsverhältnisses.
Wie vorgehen, wenn die Arbeitgeberin bei Krankheit keinen Lohn mehr zahlt?
In der Schweiz haben Sie auch während einer Krankheit Anspruch auf Lohnfortzahlung. Gemäss Art. 324a OR muss die Arbeitgeberin, je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses, den Lohn für eine bestimmte Zeit weiterhin zahlen. Auch ein Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag kann diesbezügliche Regeln enthalten. Sollte dies nicht der Fall sein, können Sie die Arbeitgeberin zur Zahlung auffordern und notfalls rechtliche Schritte einleiten. Prüfen Sie zudem, ob eine Krankentaggeldversicherung besteht, die eventuell die Lohnfortzahlung übernimmt. Wenden Sie sich nötigenfalls direkt an diese.
Wann können Sie die Arbeitgeberin betreiben?
Wenn Ihre Arbeitgeberin den Lohn nicht zahlt, haben Sie die Möglichkeit, Ihren Lohn auf dem Betreibungsweg durchzusetzen. Wie Sie genau bei einer Betreibung vorgehen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Fragen & Antworten
Wir beantworten die häufigsten Fragen zum Thema Lohnausstand und Lohnverzug des Arbeitgebers.
Weitere Fragen?
Kund:innen der Mobiliar und Protekta steht die JurLine kostenlos zur Verfügung. Erfahrene Juristinnen und Juristen geben Ihnen telefonisch Auskunft zu Ihrer persönlichen Rechtsfrage.
Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass dieser Inhalt und die zur Verfügung gestellten Unterlagen als allgemeine Rechtsauskunft zu werten sind. Sie ersetzen keine Rechtsberatung im Einzelfall. Die Mobiliar und die Protekta lehnen jegliche Haftung im Zusammenhang mit dem Inhalt dieses Beitrags ab.