
Annahmeverzug – Rechte und Pflichten für Arbeitnehmende und Arbeitgebende
Definition und rechtliche Grundlagen bei AnnahmeverzugSie sind pünktlich zur Arbeit erschienen, aber eine wichtige Maschine oder Software fällt aus – Ihre Arbeit ist vorerst nicht möglich. Haben Sie trotzdem Anspruch auf Lohn? Müssen Sie die verlorene Zeit nacharbeiten? Hier erfahren Sie, welche Rechte und Pflichten Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen bei einem Annahmeverzug haben.
Lesezeit: 5 Minuten Letztes Update: Oktober 2025 4
Annahmeverzug des Arbeitgebers: Definition und Rechtslage
Ein Annahmeverzug liegt vor, wenn der Arbeitgeber die angebotene Arbeitsleistung einer Arbeitnehmerin nicht annimmt, obwohl diese bereit und in der Lage ist, die vertraglich vereinbarte Arbeit zu leisten. Dies kann sowohl vorsätzlich als auch unabsichtlich geschehen, zum Beispiel, wenn der Arbeitgeber notwendige Arbeitsmittel nicht bereitstellt oder die Arbeit durch Betriebsstörungen verhindert wird. Der Arbeitgeber ist in solchen Fällen trotzdem verpflichtet, den vollen Lohn zu zahlen – auch wenn die Arbeit nicht geleistet wurde.
Annahmeverzug im Arbeitsrecht
Das Schweizer Arbeitsrecht (Artikel 324 OR) besagt, dass die Arbeitgeberin auch dann den vollen Lohn zahlen muss, wenn sie die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annimmt – solange der Arbeitnehmer arbeitsbereit ist. Das bedeutet, der Arbeitnehmer muss seine Arbeitsbereitschaft zeigen, indem er entweder pünktlich zur Arbeit erscheint oder die Arbeitgeberin nachweislich (idealerweise schriftlich) darüber informiert, dass er einsatzbereit ist. Die Regeln über den Annahmeverzug gelten auch bei einer Freistellung, also wenn dem Arbeitnehmer ausdrücklich kommuniziert wird, von der Arbeitsleistung befreit zu sein, wobei die Pflicht zur Anzeige der Arbeitsbereitschaft entfällt. Aus Beweisgründen sollte die Freistellung schriftlich festgehalten werden.
Beispiele für Annahmeverzug des Arbeitgebers
Es gibt in der Praxis verschiedene Formen des Annahmeverzugs. Einige Beispiele aus der Praxis sind hier aufgeführt. Wichtig: In all diesen Beispielen bleibt der Arbeitgeber trotz Ausbleiben der Arbeitsleistung zur Lohnzahlung verpflichtet, solange der bzw. die Arbeitnehmer:in nachweisen kann, dass er oder sie arbeitsbereit war.
Annahmeverzug für Arbeitnehmende: Rechte und Pflichten
Im Falle eines Annahmeverzugs haben Arbeitnehmer:innen das Recht auf Fortzahlung des vereinbarten Lohns, auch wenn sie ihre Arbeit nicht erbringen. Voraussetzung dafür ist immer, dass sie ihre Arbeitsbereitschaft nachweislich anbieten oder im Falle einer Freistellung nachweislich von der Arbeitspflicht befreit wurden. Dabei sind unverschuldete Minusstunden nicht nachzuholen. Zudem werden ein anderweitiger Verdienst des oder der Arbeitnehmer:in sowie potenzielle Einsparungen, die durch den Annahmeverzug entstehen, angerechnet.
Beweislast bei Annahmeverzug
Damit bei Annahmeverzug die Arbeitnehmer:innen einen Lohnanspruch geltend machen können, müssen sie die Arbeit anbieten. Im Streitfall muss die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer dies beweisen können, daher ist es empfehlenswert, die Arbeitsbereitschaft schriftlich mitzuteilen (siehe Musterbrief unten) oder im Falle einer Freistellung, sich diese schriftlich bestätigen zu lassen.
Unverschuldete Minusstunden nachholen?
Unverschuldete Minusstunden entstehen, wenn ein:e Arbeitnehmer:in weniger arbeitet als vertraglich vorgesehen, ohne dass dies sein bzw. ihr Verschulden ist – etwa durch Annahmeverzug des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber darf diese Minusstunden nicht nachträglich anrechnen oder verlangen, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Anrechnung von anderweitigem Verdienst und Einsparungen beim Annahmeverzug
Bei Annahmeverzug haben Arbeitnehmer:innen Anspruch auf den vertraglich vereinbarten Lohn. Gehen Arbeitnehmende während des Annahmeverzugs einer anderweitigen Erwerbstätigkeit nach und erzielen Einkünfte, kann der Arbeitgeber diese auf den Lohn anrechnen. Die Arbeitgeberin ist dann nur noch verpflichtet, die Differenz zum vertraglich vereinbarten Lohn zu bezahlen. Dies könnte der Fall sein, wenn ein:e während der Kündigungsfrist freigestellte:r Mitarbeiter:in in dieser Zeit bereits eine – nach Absprache mit der Arbeitgeberin - neue Stelle antritt. Auch anzurechnen sind ersparte Auslagen (z. B. für Fahrt- oder Verpflegungskosten), die sonst angefallen wären.
Arbeitsleistung anbieten bei Annahmeverzug: Vorlage für Arbeitnehmende
Sie sind als Arbeitnehmer:in von Annahmeverzug betroffen? Bieten Sie Ihre Arbeitsbereitschaft schriftlich an! Diese Dokumentation dient als Beweismittel, falls es zu Streitigkeiten aus Annahmeverweigerung kommt. Hier finden Sie eine Vorlage für ein solches Schreiben.
Fragen & Antworten
Noch Unklarheiten zum Annahmeverzug? Wir beantworten hier die häufigsten Fragen.
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