
Schattenwurf und Lichtemission in der Nachbarschaft
Lichtbelästigung, Schattenwurf und WissenswertesLicht und Schatten sind oft Konfliktpunkte unter Nachbar:innen. Hier erfahren Sie, wie das Schweizer Nachbarschaftsrecht unzumutbare Lichtemissionen und Verschattungen regelt und was Sie tun können, wenn Ihr Grundstück betroffen ist.
- Lesezeit: 9 Minuten
- Letztes Update: Dezember 2024
Das Gesetz schreibt in Art. 684 Abs. 1 ZGB vor, dass jede:r Grundeigentümer:in dafür sorgen muss, dass von seinem / ihrem Grundstück keine übermässigen Einwirkungen auf das Grundstück des Nachbarn, der Nachbarin übergehen. Verboten sind damit sog. übermässige Immissionen. Diese Immissionen können durch Lärm, Rauch, Erschütterung oder auch Licht entstehen (vgl. Art. 684 Abs. 2 ZGB).
Wichtig zu wissen: Die Rechtsprechung stellt sehr hohe Anforderungen an das Kriterium der Übermässigkeit, sodass nicht leichthin davon ausgegangen werden kann. Zudem muss jeder Einzelfall separat beurteilt werden.
Lichtbelästigung durch Nachbar:in
Lichtquellen auf dem Nachbargrundstück wie Gartenlampen, Fassadenbeleuchtungen oder Bewegungsmelder können manchmal störend wirken. Sind diese Lichtimmissionen für die Nachbar:innen unzumutbar, greift das schweizerische Recht. Das bedeutet aber nicht, dass jede Art von Lichtimmission unzulässig ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob das Licht eine wesentliche Beeinträchtigung darstellt und das Nachbargrundstück unzumutbar belastet. Es ist mit anderen Worten massgebend, ob eine übermässige Immission vorliegt.
Beleuchtung der Nachbar:in stört: Das können Sie tun
Sie haben nach Schweizer Recht unter anderem Schutz vor unzumutbaren Lichtimissionen von Nachbarn. Nach Art. 684 ZGB dürfen Lichtquellen auf Nachbargrundstücken nicht über das normale Mass hinausgehen und das eigene Grundstück unzumutbar beeinträchtigen. Was als unzumutbare Lichtimission bzw. als «Lichtbelästigung» gilt, hängt vom Einzelfall ab. Wie oben bereits ausgeführt, stellt die Rechtsprechung sehr hohe Anforderungen an das Kriterium der Übermässigkeit. Es bedarf schon einer erheblichen Intensität, damit eine unzumutbare Lichtimmission vorliegt.
Das öffentliche Recht enthält zum Teil Regelungen, die bei der Frage nach der Übermässigkeit helfen können. So schreiben beispielsweise viele Gemeinden vor, dass Lichtimissionen in der Nacht, vor allem zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr, gedimmt oder ausgeschaltet werden müssen, um die Nachtruhe zu gewährleisten. Wird nun gegen diese Regelung verstossen, kann eine übermässige Lichtimmission vorliegen.
Falls Sie sich durch die Lichtquelle des Nachbarn bzw. der Nachbarin gestört fühlen, ist es sinnvoll, zunächst das Gespräch zu suchen. Wenn das keine Lösung bringt, können Sie sich an die Gemeinde oder das Bauamt wenden, um die potenzielle Lichtbelästigung prüfen zu lassen. Sollte die Beleuchtung gemäss Messungen eine unzumutbare Lichtemission darstellen, können behördliche Massnahmen ergriffen werden (Verwarnung, Auflage zur Anpassung, Busse etc.).
Es gilt hierbei zu berücksichtigen, dass der Weg über das öffentliche Recht - wenn beispielsweise öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht eingehalten werden - gegenüber dem privatrechtlichen Vorgehen aus übermässigen Immissionen zu bevorzugen ist. Werden nämlich öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt, werden die jeweiligen Behörden bei Kenntnisnahme eingreifen und für die Einhaltung der Vorschriften sorgen. Sie sind nicht Teil des jeweiligen Verfahrens, sondern bringen die Verletzung der Vorschriften lediglich zur Anzeige. Kommt die Behörde zum Schluss, dass effektiv ein Verstoss gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften vorliegt, wird sie auch die entsprechenden Massnahmen treffen.
Beim Weg über die privatrechtliche Klage aus Immissionsschutz gilt es zu berücksichtigen, dass Sie selbst eine Klage einreichen und die übermässige Immission beweisen müssen. Dem Gericht kommt bei der Beurteilung, ob die Immission wirklich übermässig ist, ein gewisses Ermessen zu. Liegt die übermässige Immission bei Klageeinreichung nicht (mehr) vor, wird die Klage nicht erfolgreich sein.
Was gilt, wenn Ihr Bewegungsmelder die Nachbar:innen stört?
Wenn Ihr Bewegungsmelder den Nachbarn stört, beispielsweise durch häufiges Einschalten oder starkes Licht, kann dies auch rechtliche Konsequenzen haben. Der Bewegungsmelder sollte grundsätzlich so eingestellt sein, dass die Nachtruhe der Nachbarschaft, gerade in den Abend- und Nachtstunden, nicht gestört wird.
Oft lässt sich das Problem der Lichtbelästigung durch Bewegungsmelder schnell lösen, indem man die Ausrichtung des Bewegungsmelders ändert, die Lichtstärke reduziert oder die Einschaltdauer anpasst. Auch die Einstellung des Melders auf grössere Bewegungen kann helfen, unnötiges Einschalten zu vermeiden.
Wird der Bewegungsmelder trotz dieser Anpassungen immer noch als störend empfunden, hat der Nachbar bzw. die Nachbarin unter Umständen ein Beschwerderecht. Wie bereits erwähnt, sind die Anforderungen an das Kriterium der Übermässigkeit aber sehr hoch. Werden keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften verletzt, kann dies als Indiz dafür gewertet werden, dass die Immission nicht übermässig ist.
Recht auf Licht und Sonne
In der Schweiz gibt es kein allgemeines, gesetzlich verankertes Recht auf Licht und Sonne. Das bedeutet, dass ein:e Nachbar:in auf dem eigenen Grundstück in der Regel bauen oder Pflanzen wachsen lassen darf, auch wenn dies den Zugang zu Licht und Sonne auf Ihrem Grundstück beeinträchtigt. Es gibt jedoch einige Vorschriften und Regelungen betreffend Pflanzen, die bei störendem Schattenwurf helfen können:
Abstandsregeln: Einige Kantone regeln, wie nahe Pflanzen und Sträucher, sowie zum Teil auch Zäune an die Grenze gepflanzt resp. gestellt werden dürfen. Oftmals finden sich diese Regelungen im kantonalen Gesetz betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (EG ZGB). Dies gilt aber nicht für alle Kantone: Im Kanton Thurgau beispielsweise finden sich diese Bestimmungen im kantonalen Gesetz über Flur und Garten.
Achtung: In einigen Kantonen verjährt der Anspruch auf Beseitigung der Pflanze, sollte diese zu nahe der Grundstücksgrenze gepflanzt worden sein. Diesfalls kann nur noch das Einhalten der Maximalhöhe verlangt werden, sofern für die betroffene Pflanzenart eine Maximalhöhe vorgeschrieben ist.
Was ist eine unzumutbare Verschattung von Wohnräumen?
In der Schweiz gibt es keine allgemeine, gesetzlich geregelte Definition für die unzumutbare Verschattung von Wohnräumen. Sofern eine übermässige Immission nach Art. 684 ZGB vorliegt, kann man sich dagegen wehren - nötigenfalls klageweise. Wie bereits erwähnt, sind die Anforderungen an die Übermässigkeit aber sehr hoch. Zudem ist jeder Fall einzeln zu betrachten, wobei dem jeweiligen Gericht ein Ermessensspielraum zukommt.
Die Gerichte sind sehr zurückhaltend bei der Annahme eines übermässigen Schattenwurfs und greifen nur in Extremfällen ein. So wurde beispielsweise die Übermässigkeit verneint bei einer Reihe von Tannen über eine Länge von 50 Meter. Deren Höhe variierte zwischen 10 und 26 Meter. Die Übermässigkeit wurde insbesondere deshalb verneint, weil sich beide Grundstücke in einer ländlichen Gegend mit landwirtschaftlicher Prägung befanden. Zudem wurde ebenfalls das Interesse der Allgemeinheit am Erhalt eines schönen Landschaftsbildes berücksichtigt.
Fallbeispiel 1: Ihr Baum wirft Schatten auf das Nachbargrundstück
Stellen Sie sich vor, auf Ihrem Grundstück wächst ein grosser Baum, der im Laufe der Jahre hoch und ausladend geworden ist. Eines Tages kommt Ihr Nachbar zu Ihnen und beschwert sich: Der Baum wirft einen grossen Schatten auf sein Grundstück, insbesondere auf seinen Garten und seine Terrasse. Er fühlt sich dadurch eingeschränkt, weil der Schatten ihm das Sonnenlicht nimmt und er seinen Garten nicht so nutzen kann, wie er es möchte. Als Baumbesitzerin fragen Sie sich nun, welche Rechte Ihr Nachbar in dieser Situation hat und was Sie tun sollten.
Fallbeispiel 2: Ihr Grundstück ist von Schattenwurf durch Neubau betroffen
Stellen Sie sich vor, Sie wohnen seit Jahren in einem Haus mit einem sonnigen Garten. Eines Tages beginnt Ihre Nachbarin auf ihrem Grundstück mit einem Neubauprojekt. Während der Bauphase stellen Sie fest, dass das neue Gebäude einen erheblichen Teil Ihres Gartens und Ihrer Wohnräume verschattet. Ihr Garten, der vorher viel Sonnenlicht abbekommen hat, liegt nun oft im Schatten und auch einige Räume in Ihrem Haus bekommen deutlich weniger Licht.
Diese Situation wirft die Frage auf: Welche Rechte haben Sie, wenn ein Neubau auf dem Nachbargrundstück Schatten auf Ihr Grundstück wirft?
Fragen & Antworten
Wir beantworten häufige Fragen zu den Themen Lichtemission und Verschattung von Wohnräumen.
Weitere Fragen?
Kund:innen der Mobiliar und Protekta steht die JurLine kostenlos zur Verfügung. Erfahrene Juristinnen und Juristen geben Ihnen telefonisch Auskunft zu Ihrer persönlichen Rechtsfrage.
Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass dieser Inhalt und die zur Verfügung gestellten Unterlagen als allgemeine Rechtsauskunft zu werten sind. Sie ersetzen keine Rechtsberatung im Einzelfall. Die Mobiliar und die Protekta lehnen jegliche Haftung im Zusammenhang mit dem Inhalt dieses Beitrags ab.