Teilzeit arbeiten in der Schweiz
Teilzeitpensen, Rechtslage und ModelleTeilzeitarbeit bietet Flexibilität und ermöglicht eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Doch welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten, und welche Vor- und Nachteile bringt Teilzeitarbeit mit sich? Finden Sie hier eine umfassende Übersicht über das beliebte Arbeitsmodell.
Lesezeit: 9 Minuten Letztes Update: Dezember 2024
Teilzeitpensen und -modelle in der Schweiz
Teilzeitarbeit ist in der Schweiz eine gängige und zunehmend beliebte Arbeitsform, die sowohl Arbeitnehmenden als auch Arbeitgebenden Flexibilität bietet. Verschiedene Teilzeitmodelle ermöglichen eine individuelle Anpassung der Arbeitszeit an persönliche Bedürfnisse, familiäre Verpflichtungen oder Weiterbildungsziele. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Modelle sind darauf ausgelegt, eine ausgewogene Work-Life-Balance zu ermöglichen, ohne dabei auf die sozialen Absicherungen zu verzichten.
Übliche Arbeitszeitmodelle
Die gängigsten Arbeitszeitmodelle in der Schweiz sind:
- Fixes Teilzeitpensum: Hier arbeitet man regelmässig eine festgelegte Anzahl von Stunden pro Woche oder Monat, beispielsweise 50% oder 80% einer Vollzeitstelle. Die Arbeitszeiten sind oft fest definiert und bieten somit Planungssicherheit für beide Seiten.
- Gleitzeit: Dieses Modell bietet Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit. Arbeitnehmer:innen können innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen selbst entscheiden, wann sie ihre Arbeit beginnen und beenden, solange sie die vertraglich vereinbarte Stundenzahl erreichen.
- Echte Arbeit auf Abruf: Hier muss der bzw. die Arbeitnehmer:in einem Arbeitsaufgebot grundsätzlich Folge leisten (Einsatzpflicht). Bei Arbeitsunfähigkeit besteht eine Lohnfortzahlungspflicht nach Art. 324a OR (oder NAV / GAV).
- Unechte Arbeit auf Abruf: Hier muss der bzw. die Arbeitnehmer:in grundsätzlich keine Folge leisten (keine Einsatzpflicht). Lohnfortzahlungsanspruch bei Arbeitsunfähigkeit besteht nur für bereits eingeplante Einsätze (strittig).
- Jahresarbeitszeit: Anstelle eines wöchentlichen oder monatlichen Pensums wird hier die Gesamtarbeitszeit über ein ganzes Jahr verteilt. Dies ermöglicht eine besonders flexible Arbeitszeitgestaltung, die sich an saisonale Schwankungen oder persönliche Bedürfnisse anpassen lässt.
Wie viele Stunden arbeiten Sie in welchem Teilzeitpensum? Beispiele und Berechnungen
Bei einer 50%-Stelle arbeiten Sie die Hälfte der regulären Arbeitszeit einer Vollzeitstelle. Wenn die Vollzeitstelle 40 Stunden pro Woche umfasst, arbeiten Sie also 20 Stunden pro Woche. Ein 80%-Pensum entspricht 80% der Vollzeit-Arbeitszeit. Bei einer 40-Stunden-Woche bedeutet dies 32 Arbeitsstunden pro Woche.
Um das Teilzeitpensum zu berechnen, multiplizieren Sie die Anzahl der Wochenarbeitsstunden mit dem Prozentsatz. Zum Beispiel:
- 30% Pensum bei 40-Stunden-Woche: 40 Stunden x 0,3 = 12 Stunden pro Woche.
- 60% Pensum bei 42-Stunden-Woche: 42 Stunden x 0,6 = 25,2 Stunden pro Woche.
Spezielle Teilzeitmodelle: Jobsharing und Arbeit auf Abruf
Jobsharing ist ein Teilzeitmodell, bei dem sich zwei oder mehr Mitarbeiter:innen eine Vollzeitstelle teilen. Dabei werden Arbeitszeiten und Verantwortlichkeiten flexibel aufgeteilt, sodass die Stärken und Vorlieben jedes Teammitglieds optimal genutzt werden können. Beispielsweise könnte eine Person die Vormittage und die andere die Nachmittage abdecken oder sie wechseln sich tageweise ab. Die genaue Ausgestaltung der Arbeitszeit und Verantwortlichkeiten wird individuell im Arbeitsvertrag festgehalten.
Ein flexibleres, aber auch weniger planbares, Modell ist die Arbeit auf Abruf. Bei dieser Form der Teilzeitarbeit gibt es keine festen Arbeitszeiten. Stattdessen wird der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin je nach Bedarf ders Arbeitgebenden eingesetzt (es ist zwischen sogenannt echter und unechter Arbeit auf Abruf zu unterscheiden, vgl. oben). Die Einsatzzeiten können dabei stark variieren und kurzfristig angekündigt werden.
Rechtliche Grundlagen der Teilzeitarbeit in der Schweiz
Für Teilzeitbeschäftigte gelten im Wesentlichen dieselben arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie für Vollzeitbeschäftigte. Dazu gehören die Schutzbestimmungen, die Entlohnung, die Sozialversicherungen und der Ferienanspruch. Es gibt aber auch Besonderheiten.
Diskriminierungsverbot bei Teilzeitarbeit
Das schweizerische Arbeitsrecht verbietet die Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten. Das bedeutet, dass sie in Bezug auf Lohn, Sozialleistungen, Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen nicht benachteiligt werden dürfen. Teilzeitmitarbeitende haben grundsätzlich Anspruch auf den gleichen Stundenlohn wie ihre Vollzeitkolleg:innen, angepasst an ihr Arbeitspensum. Auch Sozialleistungen wie Ferienanspruch und Krankentaggeld sind proportional zum geleisteten Arbeitspensum zu berechnen.
Nebenbeschäftigung und Konkurrenzverbot
Teilzeitbeschäftigte haben das Recht, einen Nebenjob auszuüben, sofern dieser die Interessen der Hauptarbeitgebenden nicht beeinträchtigt. Beispielsweise kann ein:e Teilzeitangestellte:r in einer Werbeagentur zusätzlich als Yoga-Lehrer:in arbeiten, da diese Tätigkeit keinen Konflikt mit den Interessen der Hauptarbeitgebenden darstellt.
Im Arbeitsvertrag kann jedoch ein Konkurrenzverbot festgelegt werden, das es dem Arbeitnehmenden untersagt, für eine Konkurrenzfirma tätig zu sein oder eine eigene konkurrierende Tätigkeit aufzunehmen. Ein solches Verbot ist nur dann gültig, wenn es die Arbeitnehmenden nicht übermässig einschränkt und im berechtigten Interesse der Arbeitgebenden liegt. Beispielsweise darf ein:e Mitarbeiter:in der Werbeagentur nicht nebenbei für eine andere Werbeagentur arbeiten oder eine eigene Werbefirma gründen, wenn dies im Vertrag explizit ausgeschlossen ist. Ein solches Konkurrenzverbot kann sich auch bereits aus der gesetzlichen Treuepflicht des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin ergeben.
Bei der Aufnahme einer Nebenbeschäftigung müssen Teilzeitmitarbeitende zudem darauf achten, dass sie ihre Haupttätigkeit nicht vernachlässigen und die gesetzlichen Arbeitszeitvorschriften einhalten. Die Gesamtarbeitszeit aus Haupt- und Nebentätigkeiten darf die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit nicht überschreiten. Vor Aufnahme einer Nebenbeschäftigung sollte daher immer Rücksprache mit dem Hauptarbeitgebenden gehalten werden.
Vor- und Nachteile der Teilzeitarbeit
Teilzeitarbeit hat in der Schweiz in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Hier sind einige Vor- und Nachteile (nicht abschliessend) im Überblick:
Vorteile der Teilzeitarbeit
- Work-Life-Balance: Teilzeitarbeit ermöglicht eine bessere Balance zwischen Beruf und Privatleben. Mit mehr Zeit für Familie, Hobbys oder Weiterbildung lässt sich der Alltag flexibler gestalten.
- Flexibilität: Die Arbeitszeiten können an individuelle Bedürfnisse angepasst werden. Dies ist besonders hilfreich für Eltern, Studierende oder Menschen mit zusätzlichen Verpflichtungen neben dem Beruf.
- Weniger Stress und Erschöpfung: Eine geringere Arbeitszeit kann das Risiko von Stress und Burnout minimieren. Mehr Zeit zur Erholung fördert die Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden.
- Weiterbildungsmöglichkeiten: Teilzeitarbeit eröffnet Raum für berufliche Fort- und Weiterbildungen, die langfristig die Karrierechancen verbessern können.
Nachteile der Teilzeitarbeit
- Geringeres Einkommen: Der offensichtlichste Nachteil ist das niedrigere Einkommen im Vergleich zu einer Vollzeitstelle. Dies kann sich auf die finanzielle Situation und die Altersvorsorge auswirken, da auch Beiträge zur Pensionskasse und Sozialversicherungen anteilig geringer ausfallen oder gar wegfallen, wenn eine gewisse Mindestgrenze nicht erreicht wird.
- Eingeschränkte Karrierechancen: In einigen Unternehmen kann Teilzeitarbeit die Aufstiegschancen einschränken, da Führungspositionen oft in Vollzeit besetzt werden.
- Weniger Teamintegration: Durch weniger Anwesenheitszeit kann die Einbindung ins Team erschwert sein, was zu weniger sozialem Austausch am Arbeitsplatz führen kann.
- Unregelmässige Arbeitszeiten: Insbesondere bei flexiblen Modellen wie Arbeit auf Abruf können variierende Arbeitszeiten zu Unsicherheiten in der Alltags- und Finanzplanung führen.
- Organisatorische Herausforderungen: Teilzeitarbeit kann für Arbeitgeber:innen organisatorisch anspruchsvoller sein, insbesondere wenn Aufgaben auf mehrere Teilzeitkräfte verteilt werden. Dies kann in einigen Fällen zu einer höheren Arbeitsbelastung für Teilzeitbeschäftigte führen.
Wer hat Anspruch auf Teilzeitarbeit?
In der Schweiz besteht kein genereller Anspruch auf Teilzeitarbeit. Ein solcher Anspruch kann jedoch in individuellen Vereinbarungen, im Arbeitsvertrag, in einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) oder durch betriebliche Regelungen festgelegt sein.
Arbeitnehmer:innen können bei der / dem Arbeitgeber:in jederzeit eine Reduzierung des Arbeitspensums beantragen. Diese/r muss den Antrag sorgfältig prüfen und dabei sowohl die Interessen des / der Arbeitnehmenden als auch die betrieblichen Bedürfnisse berücksichtigen.
So ist der Ferienanspruch bei Teilzeitarbeit geregelt
Teilzeitmitarbeitende haben in der Schweiz grundsätzlich den gleichen Ferienanspruch wie Vollzeitbeschäftigte, mindestens jedoch vier Wochen pro Jahr (bei einer 50%-Anstellung mit 20 Wochenarbeitsstunden sind dies entweder 20 Tage à 4 Stunden oder 10 Tage à 8 Stunden).
Bei der Zeitmethode werden konkrete Tage als feste Arbeitstage festgelegt. Feiertage werden gutgeschrieben, wenn sie auf einen konkreten Arbeitstag fallen; ebenso wird bei Krankheitstagen verfahren.
Bei der Wertmethode wird alles auf eine 5-Tageswoche «umgerechnet», unbesehen davon, ob ein Feiertag auf einen konkreten Arbeitstag fällt. Bei Krankheitstagen wird ebenso verfahren (weshalb auch an Nicht-Arbeitstagen ein Arztzeugnis eingereicht werden muss, da auch hier eine Gutschrift erfolgen muss). Ob die Wertmethode (welche in der Praxis weit verbreitet ist) zulässig ist, ist noch nicht abschliessend geklärt und in der juristischen Lehre umstritten.
AHV, Kranken- und Sozialversicherung bei Teilzeit
Teilzeitarbeit hat verschiedene Auswirkungen auf die Sozialversicherungssysteme in der Schweiz, einschliesslich der AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung), Krankenversicherung und der Unfallversicherung. Auch die berufliche Vorsorge (Pensionskasse) ist davon betroffen.
- AHV: Als Teilzeitbeschäftigte:r zahlen Sie AHV-Beiträge proportional zu Ihrem Einkommen. Wenn Sie mehrere Teilzeitjobs haben, werden die Löhne aus allen Beschäftigungen addiert, um die Höhe Ihrer AHV-Beiträge zu berechnen. Bei einem sehr geringen Einkommen (unter CHF 2'300 pro Jahr, Stand 2023) können die Arbeitgebenden darauf verzichten, AHV-Beiträge abzuziehen. Trotzdem ist es sinnvoll, auch auf diese kleinen Einkommen Beiträge zu leisten, um spätere Rentenansprüche zu sichern.
- Unfallversicherung: Arbeiten Sie mindestens 8 Stunden pro Woche bei einem / einer Arbeitgeber:in, sind Sie durch die obligatorische Unfallversicherung gegen Berufsunfälle und Nichtberufsunfälle versichert. Arbeiten Sie weniger als 8 Stunden pro Woche, sind Sie nur gegen Berufsunfälle und Unfälle auf dem Arbeitsweg versichert und müssen die Deckung für Nichtberufsunfälle über Ihre Krankenkasse sicherstellen.
- Lohnfortzahlung bei Krankheit und Unfall: Als Teilzeitmitarbeitende:r haben Sie denselben Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Unfall wie Vollzeitbeschäftigte. Eine Ausnahme ist die sogenannte unechte Arbeit auf Abruf.
- Pensionskasse: Sind Sie bei einem / einer Arbeitgeber:in angestellt und verdienen mindestens CHF 22'050 pro Jahr (Stand 2023, die aktuelle Eintrittsschwelle wird vom Bundesamt für Sozialversicherung BSV jeweils auf der Website publiziert), sind Sie automatisch in der Pensionskasse versichert. Bei einem niedrigeren Einkommen als CHF 22'050 pro Jahr werden keine Beiträge in die 2. Säule einbezahlt, und es ergeben sich daraus später auch keine Rentenansprüche. Wird die Eintrittsschwelle bei keinem einzelnen Arbeitgebenden erreicht, bei mehreren Arbeitgebenden zusammen schon, bestehen teilweise verschiedene Möglichkeiten. Diesfalls empfehlen wir Ihnen eine entsprechende Beratung. In diesem Fall sollten Sie prüfen, wie Sie die fehlenden Beiträge durch private Vorsorgelösungen, wie Einzahlungen in die Säule 3a, ausgleichen können.
Wie beeinflusst Teilzeitarbeit die Pensionskasse und Säule 3a?
Die 3. Säule – die private Altersvorsorge – dient als Ergänzung zur staatlichen (AHV) und beruflichen Vorsorge (Pensionskasse). Sie ist bei Teilzeitarbeit besonders wichtig, um mögliche Lücken in der Altersvorsorge zu schliessen.
Wenn Sie in die Pensionskasse (2. Säule) einzahlen, können Sie zusätzlich bis zu CHF 7'056 pro Jahr (Stand 2023) in die Säule 3a einzahlen. Verdienen Sie weniger als CHF 22'050 pro Jahr und sind somit nicht in der 2. Säule versichert, können Sie bis zu 20% Ihres Nettoerwerbseinkommens in die Säule 3a einzahlen, jedoch maximal CHF 35'280 pro Jahr (Stand 2023). Eine gute Übersicht zum Thema finden Sie auf der Webseite des Bundesamts für Sozialversicherung BSV.
Kinderzulagen im Teilzeitjob
Teilzeitmitarbeitende haben grundsätzlich Anspruch auf Familienzulage, unabhängig vom Arbeitspensum. Die wichtigsten Voraussetzungen sind, dass der Elternteil in der Schweiz erwerbstätig ist, ein jährliches Einkommen von mindestens CHF 7'350 (Stand 2023) erzielt und die Kinder in der Schweiz leben. In bestimmten Fällen können auch Zulagen für Kinder im Ausland beantragt werden, abhängig von internationalen Abkommen und kantonalen Bestimmungen.
Die Höhe der Familienzulagen ist kantonal geregelt, jedoch gelten landesweit Mindestbeträge: CHF 200 pro Monat für Kinder bis zum 16. Lebensjahr (Kinderzulage) und CHF 250 pro Monat für Kinder in Ausbildung bis maximal zum 25. Lebensjahr (Ausbildungszulage). Wenn beide Elternteile erwerbstätig sind, erhält in der Regel der Elternteil mit dem höheren Einkommen die Familienzulagen. Einen guten Überblick zu diesem komplexen Thema finden Sie im Merkblatt der AHV.
Fragen & Antworten
Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Teilzeitarbeit.
Weitere Fragen?
Kund:innen der Mobiliar und Protekta steht die JurLine kostenlos zur Verfügung. Erfahrene Juristinnen und Juristen geben Ihnen telefonisch Auskunft zu Ihrer persönlichen Rechtsfrage.
Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass dieser Inhalt und die zur Verfügung gestellten Unterlagen als allgemeine Rechtsauskunft zu werten sind. Sie ersetzen keine Rechtsberatung im Einzelfall. Die Mobiliar und die Protekta lehnen jegliche Haftung im Zusammenhang mit dem Inhalt dieses Beitrags ab.