
Alimente in der Schweiz
Wissenswertes zu Unterhaltszahlungen und Alimenten in der SchweizEin wichtiger Bestandteil des schweizerischen Familienrechts sind die Alimente bzw. Unterhaltszahlungen. Doch wie werden sie berechnet, wer hat Anspruch darauf und was sagt das Gesetz dazu? Dieser Leitfaden gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Regelungen.
- Lesezeit: 8 Minuten
- Letztes Update: Mai 2025
Was sind Alimente in der Schweiz?
Alimente sind finanzielle Unterhaltszahlungen, die eine Person einer anderen zu leisten hat. In der Schweiz handelt es sich dabei meist um Unterhaltszahlungen, die geschiedene oder getrenntlebende Eltern für ihre Kinder leisten müssen, oder um Alimente für Ehegatten nach einer Scheidung. Diese Zahlungen sollen die finanzielle Sicherheit des Empfängers oder der Empfängerin gewährleisten und seine oder ihre Grundbedürfnisse decken.
Es gibt in diesem Zusammenhang zwei Arten von Alimenten:
- Kinderalimente (Art. 276 bis 295 ZGB): Diese Zahlungen dienen der finanziellen Unterstützung des Kindes. Beide Elternteile sind verpflichtet, für das Wohl des Kindes zu sorgen. In der Regel zahlt der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, dem anderen Elternteil einen monatlichen, klar geregelten Betrag.
- Ehegattenunterhalt (Art. 125 bis 132 ZGB): Nach einer Scheidung kann ein Ehegatte verpflichtet sein, den anderen finanziell zu unterstützen, insbesondere wenn dieser durch die Ehe finanziell benachteiligt ist. Der Ehegattenunterhalt soll den wirtschaftlichen Nachteil ausgleichen, den eine Person durch die Scheidung erleidet.
Wer hat Anspruch auf Unterhaltszahlungen in der Schweiz?
In der Schweiz haben verschiedene Personen je nach familiärer Situation und rechtlichen Rahmenbedingungen Anspruch auf Unterhaltszahlungen. Dies betrifft insbesondere Kinder und Ehepartner:innen, deren finanzielle Sicherheit nach einer Trennung oder Scheidung gewährleistet sein muss.
- Kinder: Der Unterhaltsanspruch der Kinder steht an erster Stelle. Beide Elternteile sind gesetzlich verpflichtet, für den Unterhalt ihrer Kinder aufzukommen. Unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder nicht. Dieser Anspruch besteht grundsätzlich bis zur Volljährigkeit des Kindes und kann verlängert werden, wenn sich das Kind noch in Ausbildung befindet oder besondere Bedürfnisse hat.
- Ehegatten: Nach einer Scheidung kann auch ein Ehegatte Anspruch auf Alimente haben, wenn er oder sie durch die Ehe wirtschaftliche Nachteile erlitten hat. Dabei spielen Faktoren wie die Dauer der Ehe, die Rolle während der Ehe und die finanziellen Verhältnisse beider Parteien eine entscheidende Rolle. Ziel ist es, finanzielle Ungerechtigkeiten, die durch die Ehe entstanden sind, auszugleichen.
- Unverheiratete Partner: In bestimmten Fällen können auch unverheiratete Partner Anspruch auf Unterhaltzahlungen haben, insbesondere wenn sie gemeinsame Kinder betreuen und dadurch finanziell benachteiligt sind.
Alimente: Der Unterschied zwischen Barunterhalt und Betreuungsunterhalt
Bei den Unterhaltsleistungen ist zwischen Barunterhalt und Betreuungsunterhalt zu unterscheiden.
Der Barunterhalt umfasst finanzielle Beiträge, die ein Elternteil monatlich an den anderen Elternteil oder direkt an das Kind zahlt. Der Barunterhalt deckt die laufenden Kosten für die Bedürfnisse des Kindes wie Nahrung, Kleidung, Ausbildung und Freizeitaktivitäten. Er wird in der Regel monatlich gezahlt und stellt sicher, dass die Grundbedürfnisse des Kindes kontinuierlich befriedigt werden.
Betreuungsunterhalt wird gezahlt, wenn ein Elternteil wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder weniger oder gar nicht erwerbstätig sein kann. Er soll den Einkommensverlust des betreuenden Elternteils ausgleichen und sicherstellen, dass die Betreuung des Kindes ohne finanzielle Abstriche möglich ist.
Alimente berechnen: Mit Tabellen möglich?
In der Schweiz können Kinderalimente nicht einfach mit festen Prozentsätzen oder Pauschalbeträgen berechnet werden. Obwohl Tabellen wie die Zürcher Kinderkostentabelle existieren und weit verbreitet sind, sind sie für die endgültige Berechnung nicht massgebend. Der Grund dafür liegt in einem Entscheid des Bundesgerichts (147 III 265), wonach solche Tabellen nur den durchschnittlichen Bedarf eines Kindes darstellen und den individuellen Bedürfnissen nicht Rechnung tragen können.
Demzufolge haben diese Tabellen heute nur noch Informationscharakter und sind für die Unterhaltsberechnung nicht mehr relevant. Die tatsächliche Höhe der Unterhaltszahlung wird von den Gerichten unter Berücksichtigung einer Vielzahl individueller Umstände festgelegt.
Scheidung mit Kindern: Was Sie über den Unterhalt in der Schweiz wissen müssen
In der Schweiz sind Eltern auch nach einer Scheidung verpflichtet, für ihre Kinder zu sorgen und Alimente zu entrichten. Der Elternteil, bei dem die Kinder leben, kümmert sich um die alltägliche Betreuung, während der andere Elternteil je nach seinen finanziellen Verhältnissen finanzielle Unterhaltsbeiträge leistet. Insbesondere wenn ein Elternteil während der Ehe zugunsten der Familie auf eine berufliche Karriere verzichtet hat, kann er unter bestimmten Voraussetzungen finanzielle Unterstützung vom anderen Elternteil verlangen. Bei der Festsetzung des Kindesunterhalts wendet das Gericht stets die so genannte Offizial- und Untersuchungsmaxime an. Das bedeutet, dass das Gericht von sich aus tätig wird und dafür sorgt, dass der Unterhalt geregelt wird, auch wenn sich die Eltern nicht einigen oder keinen Antrag stellen. Darüber hinaus ist das Gericht dafür verantwortlich, alle relevanten Informationen einzuholen und zu prüfen, um sicherzustellen, dass die Entscheidung gerecht ist und das Wohl des Kindes an erster Stelle steht. Es ist daher ratsam, sich rechtlich beraten zu lassen.
Alimente: Was bei geteiltem Sorgerecht gilt
Selbst wenn Eltern sich das Sorgerecht teilen, bedeutet das nicht automatisch, dass kein Unterhalt gezahlt wird. Der Elternteil, bei dem das Kind weniger Zeit verbringt, muss in der Regel Alimente zahlen. Diese Unterhaltszahlungen sollen die Kosten für die Betreuung und den Lebensunterhalt des Kindes unterstützen. Die Höhe des Unterhalts hängt von Faktoren wie den Einkommen der Eltern, den Lebenskosten und dem Lebensstandard des Kindes ab.
Alimente für unverheiratete Paare in der Schweiz
Kinder haben unabhängig vom Zivilstand ihrer Eltern Anspruch auf Unterhalt. So sind in der Schweiz getrennte unverheiratete Eltern ebenso wie getrennte verheiratete Eltern gesetzlich verpflichtet, ihren Kindern Unterhalt zu zahlen.
Kindsunterhalt: Was passiert, wenn der oder die Ex-Partner:in neu verheiratet ist?
In der Schweiz hat die Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen oder des betreuenden Elternteils bestimmte Auswirkungen auf die Kinderalimente. In jedem Fall ist eine individuelle Beurteilung durch das Gericht erforderlich, um festzustellen, ob und wie die Unterhaltszahlungen anzupassen sind.
Erneute Heirat des unterhaltspflichtigen Elternteils
Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil erneut heiratet, kann dies seine finanzielle Situation beeinflussen, etwa durch Unterstützung durch den neuen bzw. die neue Ehepartner:in oder durch zusätzliche Verpflichtungen, falls aus der neuen Ehe weitere Kinder hervorgehen. Aufgrund dieser veränderten Umstände kann eine Neubewertung des Unterhalts erforderlich sein. Das Gericht berücksichtigt das Gesamteinkommen und die finanziellen Verpflichtungen des unterhaltspflichtigen Elternteils, um sicherzustellen, dass der Unterhalt für das Kind aus einer früheren Beziehung angemessen bleibt.
Erneute Heirat des betreuenden Elternteils
Die Heirat des sorgeberechtigten Elternteils kann theoretisch seine finanziellen Bedürfnisse verändern, was sich auf die Höhe des Unterhalts auswirken kann. Die primäre finanzielle Verantwortung für das Kind bleibt jedoch bei den leiblichen Eltern. Die Gerichte prüfen in jedem Einzelfall, ob die neue Ehe die finanzielle Situation des betreuenden Elternteils wesentlich verbessert hat und ob dies eine Anpassung der Unterhaltsbeiträge rechtfertigen könnte.
Herabsetzungsantrag für Alimente: Das gilt
In der Schweiz besteht die Möglichkeit, eine Herabsetzung der Alimente zu beantragen, wenn sich die finanziellen oder persönlichen Verhältnisse einer der Parteien dauernd und wesentlich geändert haben. Ein solcher Herabsetzungsantrag kann beim zuständigen Gericht gestellt werden. Das Gericht prüft die Situation beider Parteien und das Kindeswohl (sofern vorhanden), bevor es über die Herabsetzung der Unterhaltszahlungen entscheidet.
Häufige Gründe für eine Herabsetzung der Alimente (nicht abschliessend) sind beispielsweise:
- Wenn sich das Einkommen des Unterhaltspflichtigen erheblich verringert hat (z.B. durch Arbeitslosigkeit, Krankheit, Pensionierung), kann dies ein Grund für eine Anpassung des Unterhalts sein.
- Wenn sich die Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Kindes oder des ehemaligen Partners geändert haben (z.B. das Kind ist volljährig geworden oder verdient selbst), kann dies ebenfalls eine Herabsetzung rechtfertigen.
- Hat der Unterhaltspflichtige eine neue Familie gegründet und weitere Unterhaltspflichten übernommen, kann dies ebenfalls als Grund für eine Herabsetzung des Unterhalts angesehen werden.
Wichtig zu wissen: Gesetzlich festgelegte Alimente dürfen nie eigenmächtig herabgesetzt werden.
Was tun, wenn Alimente nicht bezahlt werden?
Kommt der unterhaltspflichtige Partner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach, hat der unterhaltsberechtigte Partner verschiedene Möglichkeiten, die ausstehenden Beträge einzufordern. Die wichtigsten Optionen sind:
Alimentenbevorschussung in der Schweiz
Wenn die Alimente über längere Zeit ausbleiben, kann eine Alimentenbevorschussung beantragt werden. In bestimmten Fällen übernimmt die Gemeinde vorübergehend die Zahlung der ausstehenden Beträge und fordert das Geld später vom Schuldner zurück. Der Antrag auf Alimentenbevorschussung ist bei der Einwohnergemeinde des eigenen Wohnsitzes zusammen mit den erforderlichen Unterlagen einzureichen.
Inkassohilfe
Die Inkassohilfe hilft bei der Eintreibung von Unterhaltszahlungen. Die kantonalen Behörden nehmen mit dem Schuldner Kontakt auf und versuchen, eine aussergerichtliche Lösung zu finden. Scheitert dies, können rechtliche Schritte eingeleitet werden. Das Gesuch um Inkassohilfe ist zusammen mit einem gültigen Rechtstitel und einem Schriftenempfangsschein ebenfalls bei der Wohnsitzgemeinde einzureichen.
Schuldneranweisung
Eine Schuldneranweisung ermöglicht es, ausstehende Alimente direkt vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen. Das Gericht kann anordnen, dass der Arbeitgeber einen Teil des Lohns direkt an die unterhaltsberechtigte Person überweist. Diese Anordnung muss entweder im Rahmen des Unterhaltsverfahrens oder zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines summarischen Verfahrens beim Gericht beantragt werden.
Betreibung
Die unterhaltsberechtigte Person kann auch eine Betreibung gegen die verpflichtete Person einleiten. Hierfür ist beim Betreibungsamt am Wohnsitz der unterhaltsverpflichteten Person ein Betreibungsbegehren zu stellen.
Strafverfahren
In besonders schweren Fällen, in denen der Unterhaltspflichtige absichtlich nicht zahlt, kann ein Strafverfahren eingeleitet werden. Dies führt jedoch nicht automatisch zur Zahlung der ausstehenden Unterhaltsbeträge, sondern dient eher der Bestrafung des Unterhaltspflichtigen.
Fragen & Antworten
Die wichtigsten Fragen rund um das Thema Alimente und Unterhaltszahlungen beantworten wir Ihnen hier.
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