Prix Mobilière 2018
Der älteste Förderpreis für junge Kunst einer Versicherung in der Schweiz wird seit 1996 jährlich vergeben und geht an eine junge Künstlerin oder einen jungen Künstler. Ab 2019 dotiert mit 30 000 Franken ist dieser Preis zugleich verbunden mit einem optionalen Werkankauf für die firmeneigene Kunstsammlung.
Der Mobiliar-Förderpreis für junge Schweizer Kunst geht 2018 an Julian Charrière
Der 1987 geborene Künstler Julian Charrière arbeitet interdisziplinär und verbindet virtuos verschiedene Themenfelder – etwa Umweltwissenschaft mit Kulturgeschichte oder Politik mit Poesie. Die Jury war sich einig, dass er zu den spannendsten und vielversprechendsten Schweizer Künstlern der Gegenwart zählt. Der Prix Mobilière ist mit 15'000 Schweizer Franken dotiert und mit einem Werkankauf für die Kunstsammlung der Mobiliar verbunden.
«Die reine Schönheit der Natur interessiert Charrière nicht», erklärt Dorothea Strauss, Leiterin Corporate Social Responsibility bei der Mobiliar. «Seine Fotos, Filme und Skulpturen zeigen ihre Verletzlichkeit und halten die Bruchstellen zur Zivilisation fest. Er möchte aufrütteln und Bewusstsein generieren – und genau dies gelingt ihm auf vortreffliche Weise.»
Auswahlverfahren
Jedes Jahr werden sieben bis acht renommierte Kunstvermittlerinnen und Kunstvermittler eingeladen, jeweils eine junge Position für den «Prix Mobilière» zu nominieren. Aus dem Kreis der nominierten Künstlerinnen und Künstler wählt eine Jury die Preisträgerin beziehungsweise den Preisträger des Jahres aus.
Mit dem «Prix Mobilière» zeichnet die Mobiliar in erster Linie Kunstschaffende aus, die durch ihre Arbeit Anschlüsse an gesellschaftsrelevante Themen aufzeigen und damit auch entscheidende Impulse für das Verständnis unserer Zeit geben.
Die Nominierten 2018
Julian Charrière, * 1987 in Morges, lebt und arbeitet in Berlin
Fotografien, Skulpturen und Performance: der Künstler bewegt sich in einem breiten Spektrum und verbindet sowohl Umweltwissenschaften mit Kulturgeschichte wie auch Politik mit Poesie. Bekannt wurde Charrière 2012, als er in Venedig Tauben mit Lebensmittelfarbe in bunte Märchenvögel verwandelte und in den Himmel steigen liess. Es gelingt ihm immer wieder, Umweltthemen in poetische Bilder umzusetzen. Seine Projekte erfordern häufig Feldstudien in abgelegenen Gebieten mit extremen Bedingungen. Er interessiert sich für Unorte, beispielsweise jenes Gebiet auf den Marshallinseln, in dem die ersten Atomversuche der Amerikaner stattfanden. Die überirdisch schönen Fotografien, die dort entstanden, grenzen beinahe an Kitsch.
Samuli Blatter; * 1986 in Oripää, Finnland, lebt und arbeitet in Luzern
Samuli Blatters grossformatige Graphitzeichnungen mit kräftigem Strich offenbaren eine eigenartig wilde Gestik. Seine Bilder sind weder konkret noch abstrakt. Die Zeichnungen dokumentieren seine Gedanken. Oftmals reagiert er damit in Ausstellungssituationen auf den Ort und die Architektur des Gebäudes. Mit seiner Collagetechnik kreiert er dann verschiedene Bildräume auf einem Blatt. Seine Zeichnungen sprechen von der Bedrohung und Dringlichkeit, aber auch von der Poesie und Freiheit, die unsere Welt heute prägen.
Dominique Koch, * 1983 in Luzern, lebt und arbeitet in Basel und Paris
Seit ihrem Abschluss an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig 2011 arbeitet die Luzernerin mit Typografie und Schrift. In ihren Skulpturen, Videoinstallationen und Performances befasst sie sich die Künstlerin mit der Sprache und es geht ihr immer um die Grenzen der Sprache, Die Künstlerin verbindet in ihren Werken ganz unterschiedliche Forschungsbereiche und lässt unkonventionelle Themen in sorgfältig komponierten Installationen zusammenwachsen.
Rico Scagliola, * 1985 in Uster & Michael Meier, * 1982 in Chur, leben und arbeiten in Zürich
Seit 2008 arbeiten die Künstler Rico Scagliola & Michael Meier zusammen. Bekannt wurde das Künstlerduo mit seinen Fotografien und Videoarbeiten, die sie selbst auch als „zeitgenössische Sittengemälde“ bezeichnen.
Drei Jahre fotografierten sie beispielsweise heimlich den Alltag von Menschen in Zürich, Paris, New York oder Kairo in der Tradition von „Street Photography“ – und erstellten so eine künstlerische Verhaltensstudie über Alltagsriten und Selbstdarstellungsstrategien des Homo Urbanus.
Gina Folly; * 1983 in Zürich, lebt und arbeitet in Basel
Gina Follys Werk umfasst Zeichnung, Fotografie, Installation und Skulptur. Dabei gilt das Interesse der Künstlerin den sozialen Strömungen, Moden und Tendenzen der Gesellschaft sowie deren Auswirkungen auf das Alltagsleben. Sie beschäftigt sich mit der Domestizierung der Natur, mit Pflanzen, mit Lebewesen und deren Zusammenleben im ihrem Ökosystem.
Sonia Kacem, * 1985 in Genf, lebt und arbeitet in Genf
Sonia Kacem hat ein seltenes Talent, den poetischen Aspekt alltäglicher Objekte aufzudecken. Seit Beginn an ist ihre Arbeit durch ihre zutiefst intuitive und sinnliche Beziehung zu Gegenständen und Materialien geprägt. Ausgestattet mit einer grossen plastischen und räumlichen Intelligenz, erfindet Kacem in situ Volumina – Ergebnisse spontaner Gesten und einer Art performativen Systems, das Behältnis und Inhalt, Mikro- und Makroskopisches verbindet. Das Werk von Kacem entfaltet sich im Raum, hat aber gleichzeitig ausgeprägt bildhafte Anteile. Ihre Produktionen erkunden Fiktion oder Dramaturgie und hinterfragen den Status des Werks ebenso wie seinen Produktionszyklus, bleiben dabei aber im Register der Abstraktion verankert.
Florence Jung, * 1984 in Fort-de-France, lebt und arbeitet in Biel
Florence Jung arbeitet mit dem Verdeckten – ihre Werke sind schwierig zu finden oder als solche zu erkennen. Und doch ist ihre Wirkung greifbar: So hat sie die Jurymitglieder für einen Kunstpreis mit einem künstlerisch inszenierten Bestechungsversuch überrascht, den die meisten erst hinterher als solchen erkannten. Die Künstlerin weigert sich konsequent, ihr Gesicht in der Öffentlichkeit zu zeigen, beantwortet Interviews mit Zitaten anderer, engagiert Schauspielerinnen, die sie bei Kunstevents vertreten und macht sich auch ansonsten auf eine spektakulär aufdringliche, kluge und komplexe Weise rar. Zentrales Thema ihrer extremen Konzeptkunst sind die Mechanismen des Kunstbetriebs, die sie in Happenings und Performances hinterfragt.
Urban Zellweger, * 1991 in Zürich, lebt und arbeitet in Zürich
In Urban Zellwegers sorgfältig ausgeführten Gemälden gehen erkennbare Formen in etwas vollständig Fremdes über. Seine Werke bringen Schönheit, Humor, expressive Gesten und technische Präzision in perfekten Einklang. Er zeichnet seltsame menschliche Formen nach und schafft Kombinationen, die sowohl voller Ironie als auch voller Ernsthaftigkeit sind.