Ein Mann im Büro prüft Unterlagen. Im Vordergrund steht eine verschwommene Skulptur. Symbolbild für Ratgeber Werkvertrag.

Der Werkvertrag – ein Überblick der wichtigsten Inhalte

SIA-Norm, OR und wichtige Informationen zum Werkvertrag

Der Werkvertrag ist das Herzstück eines Bauprojekts - er regelt die Rechte und Pflichten von Besteller und Unternehmer. Doch was passiert bei Mängeln, Verzögerungen oder unklaren Preisvereinbarungen? Ob Ihr Vertrag nach Obligationenrecht (OR) oder nach SIA-Norm 118 abgeschlossen wurde, kann dabei entscheidend sein. Erfahren Sie, worauf Sie achten müssen und welche Rechte, aber auch Pflichten, Sie haben.

  • Lesezeit: 19 Minuten
  • Letztes Update: April 2025

Was ist ein Werkvertrag?

Der Werkvertrag ist ein spezieller Vertragstyp nach schweizerischem Recht, der zwischen einem / einer Besteller:in (diejenige Person, die die Arbeit / das Werk bestellt) und einem / einer Unternehmer:in (der / welche die Arbeit ausführt / das Werk erstellt) abgeschlossen wird. Der Werkvertrag verpflichtet eine:n Unternehmer:in zur Erstellung eines bestimmten Werkes, sei es die Errichtung eines Gebäudes, die Renovierung einer Wohnung oder die Fertigung eines massgefertigten Möbelstücks. Im Gegenzug verpflichtet sich der / die Besteller:in, den vereinbarten Werklohn zu zahlen.

Im Gegensatz zum reinen Dienstleistungsvertrag steht beim Werkvertrag das Werk, also das fertige Ergebnis, im Vordergrund. Der / die Unternehmer:in schuldet nicht nur seine bzw. ihre Arbeitsleistung, sondern das fertige Werk in einer vereinbarten Qualität. Erwartet wird also ein konkretes Arbeitsergebnis, z.B. ein fertig gestellter Neubau oder eine technisch einwandfreie Anlage, die nach festgelegten Kriterien überprüft werden kann. Wird das Werk nicht wie vereinbart geliefert, hat der / die Besteller:in das Recht, Nachbesserung und / oder eine Werklohnminderung zu verlangen oder, in bestimmten Fällen sogar, vom Vertrag zurückzutreten und Schadenersatz zu verlangen.

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Formvorschriften beim Werkvertrag

In der Schweiz gibt es für den Werkvertrag grundsätzlich keine gesetzlichen Formvorschriften. Das bedeutet, dass ein Werkvertrag sowohl mündlich als auch schriftlich abgeschlossen werden kann. Theoretisch könnte ein Werkvertrag sogar stillschweigend zustande kommen, wenn die Parteien klar zum Ausdruck bringen, dass sie sich über den wesentlichen Vertragsinhalt einig sind. In der Praxis empfiehlt es sich jedoch dringend, einen Werkvertrag schriftlich abzuschliessen.

Ein schriftlicher Werkvertrag schafft Klarheit und Rechtssicherheit für beide Vertragspartner:innen. Missverständnisse werden vermieden und im Streitfall können die vereinbarten Leistungen und Bedingungen leichter nachgewiesen werden.

Werkvertrag nach SIA-Norm oder OR: Was gilt und welche Vorteile gibt es?

Bei Werkverträgen, vor allem im Baubereich, stehen Besteller:innen und Unternehmer:innen oft vor der Frage, ob sie sich nach den Bestimmungen des Obligationenrechts (OR) oder nach den Normen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) richten sollen. Beide Regelwerke bieten unterschiedliche Vorteile und Rahmenbedingungen, die für die Abwicklung eines Projekts entscheidend sein können.

Das Obligationenrecht (OR) bildet die allgemeine Rechtsgrundlage für Werkverträge in der Schweiz. Es gilt immer dann, wenn die Parteien im Vertrag nichts anderes vereinbart haben. Das OR bietet eine klare Grundlage für den Abschluss von Werkverträgen, ohne dass es zusätzlicher Vereinbarungen bedarf. Es eignet sich vor allem für kleinere und weniger komplexe Projekte, da es standardisierte Regeln für die Vertragserfüllung, die Abnahme und die Mängelrechte vorsieht.

Die SIA-Normen, insbesondere die SIA 118, sind speziell auf die Bedürfnisse des Bauwesens zugeschnitten und enthalten detaillierte Regelungen, die über das allgemeine Werkvertragsrecht hinausgehen. Ihre Anwendung ist gerade bei Bauprojekten üblich, da sie die Vertragsabwicklung und die Rechte und Pflichten der Parteien im Bauprozess genau regelt.

Ein wesentlicher Vorteil der Norm SIA 118 ist das strukturierte Vorgehen bei der Bauabnahme und der Mängelbehebung. Die Norm regelt nicht nur die formelle Bauabnahme, sondern auch die Fristen für die Mängelrüge. Während das OR resp. die daraus entwickelte Rechtsprechung eher kurze Fristen für die Mängelrüge vorsieht, sieht die SIA-Norm deutlich längere Fristen vor. Zudem berücksichtigen die SIA-Normen die spezifischen Anforderungen von Bauprojekten wie Mehr- und Minderleistungen, Bauverzögerungen und Änderungen während der Bauphase. Diese Flexibilität ist gerade bei komplexen Projekten wertvoll, da sie klare Mechanismen zur Anpassung des Werklohns und der Projektabwicklung bei unvorhergesehenen Ereignissen bietet. Auch bestehen Unterschiede betreffend die Beweislastverteilung: Gemäss OR muss beispielsweise der / die Besteller:in beweisen, dass ein Werkmangel vorliegt, während gemäss SIA 118 der / die Unternehmer:in innerhalb der Rügefrist nach Art. 172 SIA 118 den Nachweis erbringen muss, dass kein Mangel vorliegt (SIA 118, Art. 174 Abs. 3).

Ob auf einen Werkvertrag die Bestimmungen des OR oder die SIA-Normen anwendbar sind, hängt von der vertraglichen Vereinbarung der Parteien ab. Wird im Vertrag nichts festgelegt, kommt automatisch das Obligationenrecht zur Anwendung. Wollen die Parteien jedoch auf die detaillierteren Regelungen der SIA-Normen zurückgreifen, muss im Vertrag eindeutig festgehalten werden, dass die SIA-Regeln zur Anwendung kommen sollen. In der Praxis ist es im Baugewerbe üblich, die SIA-Norm 118 («Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten») zu vereinbaren, da diese den branchenspezifischen Anforderungen besser gerecht wird.

Bauabnahme im Rahmen des Werkvertrags

Die Bauabnahme bzw. die Ablieferung des Werkes markiert den Übergang zwischen der Erstellung des Werks und seiner Nutzung durch den Besteller oder die Bestellerin. Die Ablieferung eines Werkes beinhaltet grundsätzlich die Übergabe des Werkes, jedoch gekoppelt mit der Abnahme des Werkes. Die Ablieferung erfolgt aus Blickwinkel der Unternehmerin; die Abnahme aus Blickwinkel des Bestellers bzw. der Bestellerin. Die Ablieferung des Werkes bzw. die Abnahme setzen somit die Vollendung des Werkes voraus, jedoch nicht dessen Mängelfreiheit. Ein abgeliefertes bzw. vollendetes Werk ist noch nicht automatisch ein genehmigtes Werk.

Unterschiede zwischen OR und SIA-Norm im Abnahmeverfahren

Das Abnahmeverfahren im Rahmen des Werkvertragsrechts unterscheidet sich je nach der Anwendung des OR oder der SIA-Norm 118. Beide Regelwerke regeln die Bauabnahme unterschiedlich, was sich auf den Ablauf und die Rechtsfolgen auswirkt.

Abnahme nach OR:

Im OR erfolgt die Abnahme des Werkes, wenn es entweder übergeben wird oder das Unternehmen mitteilt, dass das Werk abgeschlossen ist. Diese Abnahme kann ausdrücklich oder auch durch die Nutzung des Werkes erfolgen. Ab dem Zeitpunkt der Abnahme beginnt die Frist, innerhalb derer die Bestellerschaft Mängel geltend machen kann.

Wenn das Werk ohne Vorbehalte entgegengenommen wird, gilt es als genehmigt, ausser es gibt Mängel, die bei der Abnahme nicht sichtbar waren (versteckte Mängel). Eine Genehmigung bedeutet, dass das Werk als vertragsgemäss anerkannt wird und keine Ansprüche wegen dieser Mängel mehr erhoben werden können. Offensichtliche Mängel müssen sofort bei der Abnahme gerügt werden, sonst gelten sie ebenfalls als genehmigt.

Versteckte Mängel, die bei der Abnahme nicht erkennbar waren, können später gerügt werden, sobald sie entdeckt werden. Ob ein Mangel erkennbar ist, wird objektiv und nicht subjektiv beurteilt («Konnte der Mangel entdeckt werden?» und nicht «Habe ich den Mangel erkannt?»). Das Argument «Ich habe den Mangel halt erst später entdeckt», obwohl er schon hätte entdeckt werden können, schützt die Bestellerschaft somit nicht. Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass ständig nach versteckten Mängeln gesucht werden müsste. Allerdings muss die Bestellerschaft beweisen, dass die Rüge rechtzeitig erfolgte und die Unternehmerschaft muss nachweisen, dass das Werk genehmigt wurde und es sich nicht um einen versteckten Mangel handelt.

Abnahme nach SIA-Norm 118:

Die SIA-Norm 118 sieht einen geregelten Ablauf der Bauabnahme vor:

1. Anzeige der Vollendung und gemeinsame Prüfung:

Die Unternehmerschaft hat der Bestellerschaft die Fertigstellung des Werks grundsätzlich anzuzeigen. Die Bestellerschaft (bei grösseren Projekten die Bauleitung) hat das Werk im Beisein der Unternehmerschaft innerhalb einer Monatsfrist zu prüfen. Das Ergebnis der Prüfung wird in der Regel in einem Protokoll festgehalten und von der Bestellerschaft / Bauleitung und der Unternehmerschaft unterzeichnet.

2. Abnahme des geprüften Werkes:

Werden bei der gemeinsamen Prüfung keine Mängel festgestellt, so gilt das Werk als abgenommen. Werden unwesentliche Mängel festgestellt, so gilt das Werk auch als abgenommen. Die Unternehmerschaft hat in diesem Fall jedoch die festgestellten Mängel innert angemessener Frist, welche die Bestellerschaft ansetzt, zu beheben.

Treten bei der gemeinsamen Prüfung wesentliche Mängel zu Tage, so wird die Abnahme zurückgestellt. Die Bestellerschaft muss der Unternehmerschaft in diesem Fall unverzüglich eine angemessene Frist zur Behebung der Mängel ansetzen. Die Unternehmerschaft hat die Nachbesserung innert dieser Frist vorzunehmen und teilt der Bestellerschaft mit, sobald diese abgeschlossen ist - es findet innert Monatsfrist erneut eine gemeinsame Prüfung statt. Ein Werk mit wesentlichen Mängeln gilt auch als abgenommen, wenn die Bestellerschaft nach der gemeinsamen Prüfung nicht unverzüglich eine Frist zur Nachbesserung ansetzt.

Mit der Abnahme des Werks geht es in die Obhut der Bestellerschaft über. Dieser trägt ab da die Gefahr. Mit der Abnahme beginnen auch die Rüge- und Verjährungsfrist für die Mängelrechte zu laufen. Abnahme heisst aber auch im Rahmen der SIA 118 nicht «Genehmigung».

Eine Genehmigung tritt unter SIA 118 dann ein, wenn anlässlich der gemeinsamen Prüfung ein Mangel zwar erkannt worden ist, auf die Geltendmachung jedoch ausdrücklich oder stillschweigend verzichtet wird. Für den genehmigten Teil entfällt die Haftung der Unternehmerschaft in dem Umfang, als der Mangel von der Bestellerschaft anerkannt wurde. In diesem Zusammenhang wichtig: Ein stillschweigender Verzicht auf die Geltendmachung von Mängeln wird vermutet für erkannte Mängel, die ein allfälliges Prüfungsprotokoll nicht aufführt und auch für Mängel, die bei der gemeinsamen Prüfung offensichtlich waren, jedoch nicht geltend gemacht wurden.  

In Bezug auf die Pflichten der Bestellerschaft während der zweijährigen Rügefrist bedeutet dies Folgendes:

Mängel aller Art, welche nicht bereits genehmigt worden sind, können während einer Rügefrist von zwei Jahren seit Abnahme jederzeit gerügt werden. Die Mängelrüge muss somit im Gegensatz zur gesetzlichen Regelung nach OR nicht sofort nach Entdeckung erfolgen. Die Bestellerschaft ist jedoch auch der Schadenminderungspflicht unterworfen. Braucht der Mangel unverzüglich Aufmerksamkeit, darf nicht einfach zugewartet werden, da sonst die Übernahme vermeidbaren weiteren Schadens der Bestellerschaft überwälzt werden kann. 

Auf Verlangen kann vor Ablauf der zweijährigen Rügefrist der Zustand des Werkes zur Beweissicherung gemeinsam festgestellt und in einem Protokoll festgehalten werden (umgangssprachlich «Zweijahresabnahme»).  

Nach Ablauf der zweijährigen Rügefrist ergeben sich folgende Pflichten für die Bestellerschaft:

Mit Ablauf der zweijährigen Rügefrist erlischt das Recht, vorher entdeckte Mängel zu rügen. Für vorher gerügte Mängel bleiben die Rechte bestehen (vorbehalten sind die Verjährungsfristen). Mängel, die schon während der zweijährigen Frist als offene Mängel galten, gelten als dann entdeckt und können nach Rügefristablauf nicht mehr gerügt werden.

Mängel, welche die Bestellerschaft erst nach Ablauf der zweijährigen Rügefrist entdeckt, sind verdeckte Mängel. Verdeckte Mängel müssen umgehend nach deren Entdeckung dem Unternehmen unter Fristansetzung zur Beseitigung gerügt werden, sonst verwirken die Mängelrechte.

Das heisst, nach Ablauf der zweijährigen Rügefrist können nur noch verdeckte Mängel geltend gemacht werden. Wird streitig, ob ein behaupteter verdeckter Mangel wirklich eine Vertragsabweichung darstellt und daher ein Mangel ist, so liegt die Beweislast bei der Bauherrschaft.

Festpreis und ungefährer Preis im Werkvertrag gemäss OR und SIA-Norm

Im Werkvertrag nach Obligationenrecht (OR) können Besteller:in und Unternehmer:in einen Festpreis oder einen ungefähren Preis vereinbaren. Sowohl das Obligationenrecht (OR) als auch die SIA-Norm 118 regeln den Umgang mit verschiedenen Preisarten, wobei die SIA-Norm 118 detailliertere Ausführungen hierzu macht und wann immer möglich Einheits-, Global- oder Pauschalpreise vereinbart sehen will.

Ein Festpreis ist ein im Voraus festgelegter Betrag, den die Unternehmerschaft für das Werk erhält, unabhängig von den tatsächlich anfallenden Kosten. Wird im Vertrag eine Pauschale vereinbart, so handelt es sich um einen Festpreis. Aber auch der Einheitspreis hat Festpreischarakter. Der Einheitspreis bestimmt die Vergütung der einzelnen Leistung. Er wird je Mengeneinheit festgesetzt. Damit gemeint ist je Mengeneinheit einer umschriebenen (Einzel-) Leistung (z.B. je Laufmeter, Quadratmeter, Stück etc.), nicht aber des Aufwandes. Die Vergütung ergibt sich aus der Menge der vom / von der Unternehmer:in geleisteten Einheiten, multipliziert mit dem zugehörigen (festen) Einheitspreis. Die Menge der geleisteten Einheiten ist somit variabel und doch gehört diese Art des Preises zum Festpreis.

Nach OR ist der Festpreis grundsätzlich bindend. Das bedeutet, dass weder Unternehmer:in noch Besteller:in den Preis nachträglich ändern können, selbst wenn die tatsächlichen Kosten des Projekts deutlich höher oder niedriger ausfallen als ursprünglich erwartet. Ausnahme dieser grundsätzlichen Regelung: Der Richter bzw. die Richterin kann nach seinem / ihrem Ermessen eine Erhöhung des Preises bewilligen, falls ausserordentliche Umstände, die nicht vorausgesehen werden konnten oder die nach den von beiden Beteiligten angenommenen Voraussetzungen ausgeschlossen waren, die Fertigstellung hindern oder übermässig erschweren.

Ist der Werklohn zum Voraus entweder gar nicht oder nur ungefähr bestimmt worden, so wird er nach Massgabe des Wertes der Arbeit und der Aufwendungen der Unternehmerschaft bei sorgfältigem Vorgehen festgesetzt. Bei dieser Variante trägt die Bestellerschaft das Preisrisiko. In der Praxis kommt es oft vor, dass der Preis nur ungefähr bestimmt worden ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn steht: «ca. CHF 1'000.00». Bei gar nicht oder nur ungefähr bestimmten Preisen richtet sich der Preis nach dem Aufwand der Unternehmerschaft (Personal- und Sachaufwand, Zuschlag für Generalunkosten und Zuschlag für einen angemessenen Unternehmensgewinn).

Ist zwischen den Parteien streitig, ob ein Festpreis oder ein ungefährer Preis vorliegt, so spricht die Vermutung für letzteren. Wer also die Anwendung eines Festpreises geltend machen will, hat dies zu beweisen. Dass ein ungefährer Kostenvoranschlag (vgl. unten) vorliegt (und nicht ein ungefährer Preis) hat die Bestellerschaft nachzuweisen. Die Unternehmerschaft hat den Aufwand und die Bemessungsfaktoren zu beweisen sowie auch die Angemessenheit der geforderten Vergütung und den Wert der Arbeit (z.B. durch unterzeichnete Rapporte).

Die SIA-Norm 118 sieht den Festpreis ebenfalls als verbindlich an, bietet jedoch mehr Flexibilität bei unvorhersehbaren Ereignissen. Wenn es während des Bauprojekts zu unvorhersehbaren Umständen kommt, die nicht in den Einflussbereich der Unternehmerschaft fallen, kann der Festpreis angepasst werden (bei ausserordentlichen Umständen wie beispielsweise Wassereinbrüchen, Erdbeben, Sturm, Gasaustritt, einschneidende behördliche Massnahmen, sofern vereinbart: Bei ungünstigen Witterungsverhältnissen).

Der Einheits-, Global- und Pauschalpreis sind alles Festpreise. Der Einheitspreis ist gleich wie nach den Regeln des OR zusammengesetzt.

Der Globalpreis ist grundsätzlich ein Pauschalpreis, jedoch unterliegt der Globalpreis der Teuerungsabrechnung. Global- und Pauschalpreise sollen nur auf Grund vollständiger und klarer Unterlagen vereinbart werden.

Nebst Arbeiten zu festen Preisen gibt es auch die sogenannten Regiearbeiten. Diese werden nach Aufwand vergütet. Spricht sich der Vertrag zu den Regieansätzen nicht aus, so werden diejenigen der Berufsverbände herangezogen. Für Regiearbeiten hat die Unternehmerschaft täglich einen von ihr unterzeichneten Rapport zu erstellen.

Exkurs ungefährer Kostenansatz: Dies ist ein unverbindlicher Richtpreis im Sinne einer Preisschätzung (ohne Preisrahmen). Er ist Geschäftsgrundlage und basierend darauf wird nicht selten ein Vertrag abgeschlossen. Die Unternehmerschaft ist nicht verpflichtet, das Werk zum geschätzten Preis gemäss Kostenansatz zu erstellen. Für den Werkpreis ist immer noch der tatsächliche Aufwand des Unternehmens massgebend. Wird ein Kostenvoranschlag unverhältnismässig überschreitet, erhält die Bestellerschaft gewisse Rechte (insbesondere Rücktritt vom Vertrag oder aber auch Minderung des Werklohnes).

Wann eine Überschreitung unverhältnismässig ist, hängt stark vom Einzelfall ab. Die Faustregel in der Schweizer Praxis, welche jedoch durch Gerichtsentscheid ohne Weiteres angepasst werden kann, besagt, dass die tatsächlichen Kosten nicht um mehr als 10% überschritten werden dürfen. Dieser Ansatz geniesst keine absolute Geltung.

Was ein angemessener Herabsetzungsbetrag ist, hat der Richter bzw. die Richterin im Streitfall nach eigenem Ermessen zu entscheiden. Regelmässig rechtfertigt sich im Normalfall eine Risikoteilung in dem Sinne, dass der Werklohn herabgesetzt wird um die Hälfte der Summe, welche die Toleranzgrenze übersteigt. Dies jedoch nur, wenn die Mehrmenge nicht von der Bestellerschaft genehmigt worden ist.

Der Herabsetzungsbetrag könnte somit folgendermassen berechnet werden: 

  • Offertbetrag plus Toleranzgrenze von 10% 
  • Differenz des Rechnungsbetrags zum Offertbetrag plus Toleranzgrenze. 
  • die Hälfte von dieser Differenz kann nach der Faustregel herabgesetzt werden.

Mängelrechte nach Werkvertrag – Ihre Ansprüche

Beim Werkvertrag ist die Qualität des geschuldeten Werks von grundlegender Bedeutung. Entspricht das Werk nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit, liegt ein Mangel vor. Der Werkmangel kann körperlicher, ökonomischer, rechtlicher oder ästhetischer Art sein. Fehlen vertraglich zugesicherte Eigenschaften, so ist das Werk in jedem Fall mangelhaft. Fehlt eine vorausgesetzte Eigenschaft, so muss der Wert des Werkes oder dessen Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigt sein, damit ein Mangel im Rechtssinne vorliegt. In der Regel liegt insbesondere dann ein Mangel vor, wenn die anerkannten Regeln der Baukunst missachtet werden.

Mängelrechte nach OR

Das OR gewährt Besteller:innen bei Werkmängeln verschiedene Rechte: Wandelung, Minderung, Nachbesserung und Schadenersatz. Abhängig von den Umständen können gewisse Mängelrechte nicht angerufen werden. Abweichende vertragliche Regelungen sind vorbehalten und werden nachfolgend nicht berücksichtigt.

Damit die Mängelrechte überhaupt angerufen werden können, müssen mehrere Voraussetzungen gegeben sein:

  • Es muss ein Mangel im Rechtssinne vorliegen.
  • Das Werk muss beendet und abgeliefert worden sein.
  • Das Werk muss rechtzeitig geprüft und allfällige Mängel müssen rechtzeitig gerügt worden sein.
  • Die Bestellerschaft darf den Mangel nicht selbst verschuldet haben.
  • Das abgelieferte Werk darf weder ausdrücklich noch stillschweigend genehmigt sein.

Sind diese Voraussetzungen alle erfüllt, so kann die Bestellerschaft zwischen der Wandelung, Minderung und Nachbesserung grundsätzlich frei wählen. Die Wahl einer dieser Ansprüche führt dazu, dass der andere nicht mehr gewählt werden kann (Minderung und Nachbesserung geht also nicht). Schadenersatz tritt ergänzend zu diesen drei Ansprüchen und kann gemeinsam mit dem jeweils gewählten Anspruch geltend gemacht werden (z.B. Minderung und Schadenersatz).

Damit die Mängelrechte (Wandelung, Minderung und Nachbesserung) zur Anwendung kommen können, benötigt es kein Verschulden der Unternehmerschaft. Soll Schadenersatz gefordert werden, so muss jedoch ein Verschulden der Unternehmerschaft vorliegen.

Nachbesserung (Art. 368 Abs. 2 OR): Die Bestellerschaft kann von vom Unternehmen verlangen, den minder erheblichen Mangel auf eigene Kosten zu verbessern, sofern dies nicht zu übermässigen Kosten für den / die Unternehmer:in führt. Die Nachbesserung (d.h. die Mängelbeseitigung) muss objektiv rechtlich und tatsächlich möglich sein.

Wie die Nachbesserung von der Unternehmerschaft bewerkstelligt wird, ist ihre Sache - die Bestellerschaft kann keinen Sanierungsweg vorschreiben.

Ein allfälliger Minderwert, der sich aufgrund der Verbesserungsarbeiten selbst ergibt (ein nachgebessertes Werk kann per se weniger Wert haben), muss im Rahmen des Schadenersatzes gefordert werden.

Minderung (Art. 368 Abs. 2 OR): Bei minder erheblichen Mängeln kann anstelle der Nachbesserung eine Minderung verlangt werden. Voraussetzung dafür ist, dass das Werk aufgrund des Mangels auch tatsächlich einen Minderwert aufweist. Der Minderwert wird objektiv festgelegt (Verkehrs- oder Veräusserungswert; die subjektive Sicht der Bestellerschaft ist unbeachtlich). In der Regel orientiert sich der maximale Minderwert an den Kosten für eine tadellose Beseitigung der Werkmängel und in der Praxis wird der Minderwert regelmässig auf diese Weise bestimmt.

Wandelung (Art. 368 Abs. 1 OR): Liegt ein erheblicher Mangel vor, der das Werk praktisch unbrauchbar macht, kann die Bestellerschaft vom Werkvertrag zurücktreten (Wandelung). Unbrauchbarkeit ist dabei nicht leichthin anzunehmen. Solange Werkmängel behoben werden können, steht das Nachbesserungsrecht im Vordergrund. Gesetzlich ist die Wandelung ausgeschlossen bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen entfernt werden können. In Fall der Wandelung retourniert die Bestellerschaft das Werk und erhält den bereits bezahlten Lohn zurück.

Mängelrechte nach SIA-Norm 118

Die SIA-Norm 118 sieht grundsätzlich die gleichen Mängelrechte wie das OR vor: Recht auf Verbesserung, Minderung und Rücktritt. Inhaltlich kann somit auf die Ausführungen bezüglich Mängelrechte nach OR verwiesen werden. Die Reihenfolge, wie die einzelnen Ansprüche zur Verfügung stehen, weicht jedoch von der gesetzlichen Regelung ab.

Gemäss SIA-Norm 118 kann zunächst einzig die Beseitigung des Mangels innerhalb angemessener Frist verlangt werden (Recht auf Verbesserung). Wird das Werk nicht innert dieser Frist verbessert, so kann die Bestellerschaft weiter auf der Verbesserung beharren (sofern der Unternehmerschaft dadurch nicht übermässige Kosten verursacht werden) oder aber den Minderwert geltend machen. Vertragsrücktritt nach Fristablauf ist nur zulässig, wenn die Entfernung des Werkes nicht mit unverhältnismässigen Nachteilen für die Unternehmerschaft verbunden ist und die Annahme des Werkes der Bestellerschaft nicht zugemutet werden kann.

Auch im Rahmen der SIA-Norm 118 kann allfälliger Schadenersatz zusätzlich zum jeweiligen Mängelrecht geltend gemacht werden. Die Unternehmerschaft ist nicht schadenersatzpflichtig, wenn sie nachweist, dass sie kein Verschulden trifft.

Welche Fristen gelten für die Mängelrüge im Werkvertrag?

Die Fristen zur Mängelrüge unterscheiden sich im Werkvertrag je nach anwendbarem Regelwerk:

  • Nach OR: Offensichtliche Mängel sind unverzüglich nach der Abnahme / Ablieferung zu rügen, wobei das Bundesgericht von einer siebentägigen Rügefrist ausgeht. Später entdeckte Mängel müssen sofort nach deren Entdeckung gerügt werden.
     
  • Nach SIA-Norm 118: Offensichtliche Mängel sind ebenfalls bei der Abnahme zu rügen. Die SIA-Norm gewährt jedoch eine längere Frist für die Rüge verdeckter Mängel, welche nach der Abnahme entdeckt worden sind - nämlich zwei Jahre seit Abnahme (sogenannte Rügefrist; vgl. SIA 118, Art. 172). Es bleibt den Parteien aber auch vorbehalten, eine abweichende Rügefrist zu vereinbaren.

Achtung: Es handelt sich dabei um die Fristen für eine Mängelrüge. Es geht vorliegend nicht um die Verjährungsfristen. Diese sind immer zusätzlich zu prüfen.

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Verzug im Werkvertrag: Was tun, wenn der Termin nicht gehalten wird?

Ein Verzug ist kein Mangel im Werkvertragsrecht, sondern eine Vertragsverletzung. Wenn der Unternehmer bzw. die Unternehmerin also den festgelegten Termin für die Fertigstellung des Werks nicht einhält, können Sie als Besteller:in bestimmte Rechte geltend machen.

Rechte bei Verzug nach dem Obligationenrecht

Der Werkvertrag nach OR gibt Auftraggebenden bei Verzug des Unternehmers mehrere Optionen:

Beginnt die Unternehmerschaft das Werk nicht rechtzeitig oder verzögert sie die Ausführung in vertragswidriger Weise oder ist sie damit ohne Schuld der Bestellerschaft so sehr im Rückstand, dass die rechtzeitige Vollendung nicht mehr vorauszusehen ist, so kann die Bestellerschaft, ohne den Lieferungstermin abzuwarten, vom Vertrage zurücktreten (Art. 366 Abs. 1 OR).

Nicht rechtzeitiger Beginn

Die Unternehmerschaft darf mit dem Start so lange zuwarten, als die noch verfügbare Zeit ausreicht, das Werk termingerecht zu vollenden.

Vertragswidrige Verzögerung

Eine solche liegt beispielsweise dann vor, wenn die Unternehmerschaft nachweislich vereinbarte Zwischentermine verpasst.

Rechtzeitige Vollendung

Eine verspätete Vollendung muss nicht bereits Tatsache sein, damit eine rechtzeitige Vollendung nicht mehr vorauszusehen ist. Jedoch wird der Bestellerschaft ein entsprechender Nachweis wohl nur nach einer erfolglosen Nachfristansetzung liefern können.

Damit in diesen Szenarien vom Vertrag zurückgetreten werden kann, müssen zusätzlich die allgemeinen Verzugsbestimmungen erfüllt werden (Art. 107ff. OR). Wurde also kein bestimmter Verfalltag vereinbart, muss die Unternehmerschaft gemahnt werden. Ihr ist eine angemessene Nachfrist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen. Diese Nachfristsetzung sollte schriftlich erfolgen.

Liegt eines der skizzierten Szenarien vor, wurden die allgemeinen Verzugsregeln eingehalten und ist die Nachfrist unbenutzt abgelaufen, so kann die Bestellerschaft vom Vertrag zurücktreten, ohne, dass der Ablieferungstermin abgewartet werden müsste. Die Bestellerschaft kann in diesem Fall die Bezahlung des Werklohnes verweigern. Demgegenüber verliert sie den Anspruch auf das Werk und hat einen schon erhaltenen Werkteil zurückzugeben. Sie hat zudem Anspruch auf den Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens.

Alternativ zum Vertragsrücktritt steht der Bestellerschaft in einem der gelisteten Szenarien auch das Recht zu, auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung zu beharren (Verspätungsschaden; z.B. Mehrkosten, die durch die verspätete Fertigstellung entstehen, wie Mietausfall oder zusätzliche Finanzierungskosten).

Lässt sich während der Ausführung des Werkes eine mangelhafte oder sonst vertragswidrige Erstellung durch Verschulden der Unternehmerschaft bestimmt voraussehen, so kann ihr die Bestellerschaft eine angemessene Frist zur Abhilfe ansetzen oder ansetzen lassen mit der Androhung, dass im Unterlassungsfalle die Verbesserung oder die Fortführung des Werkes auf Gefahr und Kosten der Unternehmerschaft einem Dritten übertragen werde (Art. 366 Abs. 2 OR).

Mangelhafte Erstellung

Bei der Werkausführung muss bestimmt voraussehbar (und somit erkennbar sein), dass das Werk bei seiner Beendigung einen Werkmangel haben wird.

Sonstige vertragswidrige Erstellung

Darunter fallen jegliche Vertragsverletzungen (aber nicht die nicht rechtzeitige Ausführung) wie beispielsweise die Missachtung von Sorgfalts- und Treuepflichten. Dass aufgrund der Vertragsverletzung ein Schaden vorliegt, ist nicht Voraussetzung, damit eine sonstige vertragswidrige Erstellung vorliegen würde. Die Vertragsverletzung muss jedoch eine gewisse Intensität aufweisen, weil sich daraus ein Ersatzvornahmerecht ableiten lässt (vgl. nachfolgend).

Liegt eine mangelhafte oder sonst vertragswidrige Erstellung vor, so darf der Besteller resp. die Bestellerin daran keine Schuld tragen.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann die Bestellerschaft eine angemessene Nachfrist ansetzen, damit die Umstände der mangelhaften bzw. sonstigen vertragswidrigen Erstellung verschwinden. Gleichzeitig muss die Ersatzvornahme angedroht werden.

Schafft die Unternehmerschaft in dieser Frist keine Abhilfe, so kann die Bestellerschaft die Verbesserung oder die Fortführung des Werkes auf Gefahr und Kosten der Unternehmerschaft einem Dritten übertragen.

Achtung: Die Ersatzvornahme sollte nicht ohne Einzelfallberatung vorgenommen werden. Durch diese werden nämlich in der Regel die Nachweise für die mangelhafte / vertragswidrige Erstellung vernichtet. Sodann muss die Bestellerschaft, führt sie nicht vorab einen entsprechenden Prozess, für die Ersatzvornahme in Vorkasse gehen. Bei Verzug kann auch der Ablieferungstermin abgewartet und danach die Mängelrechte bzw. die Rechte aus dem Verzug der Unternehmerschaft geltend gemacht werden. Dies stellt den Regelfall dar.

Rechte bei Verzug nach der SIA-Norm 118

SIA-Norm 118 regelt den Verzug ebenfalls:

Damit ein Bauprogramm zeitliche Verbindlichkeit erlangt, muss es im Vertragswerk eingebunden sein. Verzögert sich die Ausführung des Werkes ohne Verschulden der Unternehmerschaft, obwohl sie die notwendigen Massnahmen getroffen hat, so können die vertraglichen Fristen unter gewissen Umständen angemessen erstreckt werden (SIA 118, Art. 96). Trägt die Unternehmerschaft Schuld an der Verzögerung, so kommt eine Fristerstreckung nicht in Frage. In diesem Fall bleibt das Rücktrittsrecht der Bestellerschaft nach OR (Art. 366 Abs. 1 i.V.m. den allgemeinen Verzugsregeln; vgl. Ausführungen oben).

Für den Fall, dass vertragliche Fristen überschritten werden, ohne, dass eine Fristerstreckung in Frage kommen kann, können im Werkvertrag angemessene Konventionalstrafen vereinbart werden.

Fragen & Antworten

Wir beantworten die häufigsten Fragen zum Werkvertrag.

Weitere Fragen?

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Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass dieser Inhalt und die zur Verfügung gestellten Unterlagen als allgemeine Rechtsauskunft zu werten sind. Sie ersetzen keine Rechtsberatung im Einzelfall. Die Mobiliar und die Protekta lehnen jegliche Haftung im Zusammenhang mit dem Inhalt dieses Beitrags ab.