
Die ESAF-Macherin
Wie wird das «Eidgenössische» 2025 in Mollis GL organisiert und was kommt dabei auf das OK zu? Co-Geschäftsleiterin Daniela Heussi weiss, worauf es ankommt. Im Interview erklärt sie, wie der einwohnermässig viertkleinste Kanton seine Kapazitätsgrenzen vorübergehend versetzt.
Wie viel Schwingen steckt mittlerweile in Ihnen?
Mein Bezug steigt stetig. Ich hatte den Sport immer mitverfolgt, vor meiner Zeit im OK allerdings nie einen direkten Zugang. Ich kannte unseren OK-Präsidenten Jakob Kamm, der mich für die Geschäftsstelle angefragt hat. Mir hat es sofort den Ärmel reingezogen.
Wie muss man sich Ihre Rolle als Co-Geschäftsleiterin vorstellen?
Ich teile mir den Posten mit Co-Leiter Thomas Rageth. Wir sind in einer Drehscheibenfunktion, führen und halten ein dezentrales Team aus 190 Personen zusammen. Die Arbeitstage sind meistens lang, weil über 80 Prozent ehrenamtlich und teils erst nach Feierabend arbeiten. Gemeinsam haben wir einen Masterplan mit rund 1600 einzelnen Aufgaben abzuarbeiten – für unser Ziel: Ein erfolgreiches ESAF im Glarnerland+.
Daniela Heussi - Co-Geschäftsleiterin ESAF 2025
Das Vorhaben läuft seit mehreren Jahren. Wie beginnt man damit, eines der grössten Volksfeste der Schweiz auf die Beine zu stellen?
Zu Beginn ist man etwas ahnungslos, aber wir mussten nicht bei null anfangen. Wir haben uns Schritt für Schritt herangetastet und uns dabei am ESAF in Zug orientiert. Zuerst holten wir die richtigen Leute mit der passenden Erfahrung ins Team. Mittlerweile sind es deren 190. Man kann das gut mit dem Aufbau eines Unternehmens vergleichen.
Was braucht es, damit ein solches Unternehmen zum Laufen kommt?
Freude und Überzeugung, es zusammen zu schaffen. Eigentlich ist es Wahnsinn, den grössten Sportanlass der Schweiz zu organisieren. Es braucht eine grosse Portion Mut und Demut.

Bereit für den Aufbau: Ins idyllische Bergtal eingebettet entsteht auf dem Flugplatz Mollis derzeit das Festgelände fürs «Eidgenössische». (ESAF 2025 Glarnerland+/Taria Hösli)
Machen wir einen Vergleich: Für drei Tage baut man auf dem Flugplatz Mollis eine Infrastruktur auf, die die Stadt Bern versorgen könnte. Das ist in der Tat mutig.
Es ist der Geist des ESAF, auch in ländliche Randregionen zu gehen. Die Fans und Leute, die mit dem Sport verbunden sind, wünschen sich das. Und wir erfüllen diesen Wunsch. Schauen Sie sich die Berglandschaft an. Es ist perfekt, weil hier Traditionen und Bräuche gelebt werden und das Schwingen in der Region einen hohen Stellenwert geniesst.
Wie viel Respekt hat man vor dem massiven Menschenandrang? Für das letzte August-Wochenende werden mehr als 350 000 Besuchende erwartet, also rund zehnmal mehr als der Kanton Einwohnende hat.
Wir haben grossen Respekt bezüglich der Sicherheit, sind aber bestens aufgestellt. Unser oberstes Ziel ist, dass niemand zu Schaden kommt. Das geht mit Respekt und Geduld. Das ist bei jedem Grossanlass ähnlich. Unser Vorteil ist, dass das Publikum weiss, worauf es sich einlässt. Schwingfans sind geduldig, gut organisiert und haben Freude am ganzen Drumherum.
Das ESAF findet erstmals auf Glarner Boden statt. Was löst das in der Bevölkerung aus?
Die Vorfreude ist gross, die Unterstützung riesig – zum Beispiel wurden bei einem «Eidgenössischen» noch nie so schnell 8500 Freiwillige gefunden. Mit Infoveranstaltungen haben wir im Glarnerland und den umliegenden Regionen Inputs und Fragen der Leute entgegengenommen. Hier und da gibt es auch Unsicherheiten.
Es führt zum Beispiel nur eine Kantonsstrasse und ein Gleis nach Mollis…
Der Verkehr ist ein grosses Thema und ich verstehe die Bedenken. Dafür haben wir gemeinsam mit Verkehrsplanern und anderen Experten Lösungen erarbeitet, um den Verkehr vor, während und nach dem Fest zu steuern. Allein unser Konzept für die Signalisation umfasst über 340 Seiten mit 900 Verortungen. Im ganzen Kanton haben wir jede Kreuzung und jeden Fussgängerstreifen unter die Lupe genommen und uns Gedanken gemacht, wo welches Schild stehen muss. Dabei berücksichtigen wir alle Anspruchsgruppen, auch die Bevölkerung. Zudem bauen wir zwei Bahnhöfe temporär aus. Ich bin überzeugt, dass es schlussendlich ruhiger abläuft, als viele befürchten.
Was empfehlen Sie Personen, die einen Tagesausflug ans ESAF machen möchte, für die An- und Rückreise?
Reisen Sie mit dem Zug und planen Sie genug Zeit ein. Die SBB stellen zahlreiche Sonderzüge bereit, und mit unserem Shuttleservice gelangen Sie direkt vors Festgelände.

Die Freude und Unterstützung der Glarnerinnen und Glarner für das ESAF ist gross – entsprechend bereitet man sich auf das Wochenende mit rund 350 000 Besuchenden vor. (Bild: ESAF 2025 Glarnerland+/Maya Rhyner)
Daniela Heussi - Co-Geschäftsleiterin ESAF 2025
Auch punkto Unterkünfte sind Sie gefordert: Bei kantonal weniger als 70 Hotels wird es schon schwierig, alle Schwinger und weitere Beteiligte unterzubringen. Wohin mit den tausenden Schwingfans?
15 000 Personen finden auf dem Camping neben dem Festgelände Platz. Wir haben ausserdem die Bevölkerung dazu aufgerufen, uns Übernachtungsmöglichkeiten zu melden. Dank dem Engagement von Privaten sind so zusätzlich 11 000 Betten oder Stellplätze für Camper im sogenannten «Hotel ESAF» zustande gekommen. Die Solidarität und der Wille sind riesig, den Besuchenden gemeinsam ein tolles Erlebnis zu bieten.
Das letzte ESAF in Pratteln endete mit einem Defizit von mehreren Millionen Franken.
Ein Schwingfest wird nicht erst seit Pratteln über die Finanzen entschieden. Wir haben seit Planungsbeginn ein starkes Kostenbewusstsein. Unser Motto lautet: Wünschbares von Notwendigem trennen. Wenn wir den aktuellen Kurs halten, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.
Worin sehen Sie noch die grösste Herausforderung für Sie und Ihr OK?
Den Schwung und die Freude aufrechtzuhalten. Ich möchte nichts verschreien und es klingt kitschig. Aber wir sind so gut dabei, dass es falsch wäre, jetzt vom Gas zu kommen. Dazu sehe ich keine Anzeichen, denn die Vorfreude und Motivation überwiegt bei allen. Für die Meisten, mich eingeschlossen, ist das wohl eine einmalige Geschichte im Leben.