die Mobiliar

Bereit für die nächsten hundert Jahre

Mitten im Berner Oberland steht die erneuerte Kanderbrücke. Ein mehrköpfiges Team aus Bauingenieuren hat im Auftrag der Gemeinde Aeschi bei Spiez in Zusammenarbeit mit regionalen Handwerkern und Experten sowie Forschern der ETH Lausanne das innovative Brückensanierungsprojekt ermöglicht.

Die Wanderer, Spaziergänger und Velofahrer überqueren an diesem milden Donnerstagnachmittag Ende April die Brücke über die Kander so selbstverständlich, als wäre es noch nie anders gewesen. Tatsächlich steht die Brücke schon über ein Jahrhundert in Mülenen direkt neben der Talstation der Bahn auf den Niesen, einem der spektakulärsten Ausflugsberge im Kandertal. Doch erst seit ein paar Tagen ist die Brücke vollständig erneuert und wieder offiziell für sämtlichen Verkehr offen. Das Projekt wurde durch einen Baukredit der Gemeinde in Höhe von 850 000 Franken ermöglicht. Im Rahmen ihres Gesellschaftsengagements hat die Mobiliar Genossenschaft die Instandstellung mit 50 000 Franken unterstützt. Genau für solche Projekte hat die Hauptpartnerin vom Verband Schweizer Wanderwege den «Mobiliar Fonds Brücken & Stege» eingerichtet. 2021 wurden aus den eingereichten Gesuchen zehn ausgewählt, die Instandsetzung der Kanderbrücke gehört dazu.

Wichtige Traversiermöglichkeit in der Region

Die Kanderbrücke erschliesst das Wandergebiet am Niesen mit der Talstation und dem Bahnhof Mülenen. Die Brücke ist der einzige Einstiegspunkt ins Wandergebiet in diesem beliebten Tourismusgebiet. Ein Grossteil der Wanderer reist mit der Bahn an, denn die Haltestelle Mülenen liegt nur zwei Fussminuten von der Bergbahn entfernt. Was die Wanderer und E-Bikefahrer womöglich nicht wissen: Die Stahlbrücke wurde vor rund zwei Jahren aus Sicherheitsgründen fast gesperrt. Chloridhaltige Flüssigkeiten hatten den Oberflächenschutz des Stahls beschädigt und sich immer stärker in die Profile gefressen. Im Fachjargon nennt man das «Lochfrass», der in etwa vergleichbar mit Karies bei den Zähnen ist.

Brückenschlag zwischen Historie und Modernität

Die genietete Stahl-Fachwerk-Brücke ist im Bauinventar der kantonalen Denkmalpflege aufgeführt und wurde mit Unterbrüchen nach einem Konzept der Berner Firma Emch+Berger AG erneuert. Nach einer Pandemie-bedingten Verzögerung starteten die Sanierungsarbeiten im November letzten Jahres. Das Instandsetzungsszenario wurde zusammen mit der ETH Lausanne und der kantonalen Denkmalpflege erarbeitet. Konkret: Korrosionsschutz erneuern und die schwere Fahrbahnplatte durch leichtere Fertigelemente aus Ultra-Hochleistungs-Faserbaustoff (UHFB) ersetzen.

Die Planung verfolgte das Ziel, diesen historischen, genieteten Brückentyp (der Struktur der Niesenbahn nebenan sehr ähnlich) zu erhalten. Durch eine innovative Bauweise sollten hier das wertvolle Kulturdenkmal und der zentrale Wegzugang in das Wandergebiet erhalten werden. Bemerkenswert an diesem Brückenprojekt ist der Fokus auf Innovation und Nachhaltigkeit. Dies beweist beispielsweise der Einsatz von UHFB. Der neuartige Werkstoff, der für die Fahrbahnplatte verwendet wurde, besteht aus Zement, Wasser, Sand, Bindemitteln und Stahlfasern. Er bietet Mehrwerte in Sachen Technik, Ästhetik und Ökologie. Heisst: UHFB ist zwar etwas teurer als Beton, dafür wird viel an Material eingespart.

Ein grossartiges Gemeinschaftswerk

Der seit 2012 für das Tiefbauwesen zuständige Gemeinderat, Thomas Knupp, studierter Theologe, hält am Tag der Eröffnung eine feierliche Ansprache und Dankesrede und lobt, wie schön die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Betrieben, Handwerkern, Ingenieuren und Spezialisten verlaufen sei. Der Gesamtprojektleiter, Jean-Pascal Ammann, Bauingenieur und Brückenspezialist des Berner Büros Emch+Berger AG sagt: «Ich habe selten ein Projekt begleitet, bei dem die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten so zielgerichtet und harmonisch verlaufen ist», so der Bauingenieur, dessen Vater ebenfalls ETH-Ingenieur ist. Er selbst erhält von den ansässigen Handwerkern ebenso formidable Noten. Sie berichten unisono, dass die Arbeit mit solch engagierten und kompetenten Bauingenieuren äusserst rar sei.