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Kapitalbezug oder Rente: Pensionskassen unterschätzen oftmals das Antiselektionsrisiko

Freitag, 1. April 2016

Bei der Pensionierung können die Versicherten zwischen einer lebenslang ausbezahlten Rente oder einer einmaligen Kapitalleistung wählen. Beide Varianten stellen die Pensionskassen und die angeschlossenen Unternehmen zunehmend vor Probleme. Insbesondere das sogenannte Antiselektionsrisiko wird von vielen Kassen oftmals unterschätzt.

Das angesparte Kapital wird anlässlich der Pensionierung mit dem Umwandlungssatz in eine Altersrente umgewandelt. Bei diesem Vorgang können sich für Pensionskassen negative finanzielle Auswirkungen ergeben.

Ausgeglichenes Verhältnis der Versicherten bewahren

Der Umwandlungssatz, mit dem das angesparte Vorsorgekapital bei der Pensionierung in eine Rente umgewandelt wird, setzt sich aus zwei Komponenten zusammen. Ein Teil basiert auf der eigentlichen Hauptrente, der andere Teil bezieht sich auf eine allfällige künftige Witwen- oder Witwerrente, auch Ehegattenrente genannt. Diese wird in der Regel aufgrund von statistischen Werten nach der sogenannten «kollektiven Methode» berechnet. Gemäss diesen Werten besteht eine 80-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass ein 65-jähriger Mann im Todesfall verheiratet ist. Bei Frauen im Alter von 64 Jahren ist das nur zu 40 Prozent wahrscheinlich.

Benötigte Reserven der Pensionskasse (pro Versicherten)
Auswirkungen der Antiselektion auf die Reserven  (pro Versicherten)

Im Grundgedanken baut die Kollektivmethode auf dem Solidaritätsprinzip auf, das allen Versicherungen zugrunde liegt. Anders verhält es sich mit der individuellen Methode, die den Zivilstand und das Alter der Ehegatten individuell berücksichtigt. Die ausgleichende Solidarität bei der Kollektivmethode zwischen den Risikogruppen hilft mit, die Ehegattenrenten zu finanzieren. Aus finanzieller Sicht können verheiratete Männer für die Vorsorgeeinrichtungen zu einem potentiellen Risiko werden. Dies, weil im Todesfall eine Pensionskasse womöglich über lange Zeit eine Witwenrente ausbezahlen muss. Entsprechend wichtig ist für eine Pensionskasse ein günstiges Verhältnis von verheirateten und unverheirateten Versicherten.

Antiselektion wird zunehmend zum Problem

Die Pensionskassen sind aber auch von anderer Seite gefordert. Denn unverheiratete Versicherte sind immer weniger bereit, den solidarischen Ausgleich zwischen den Risikogruppen in Form von tieferen Renten hinzunehmen. Ein lediger Mann mit einem Alterskapital von 300‘000 Franken würde beispielsweise jährlich 2‘400 Franken weniger erhalten, wenn der Umwandlungssatz lediglich 5% anstatt 5.8% betragen würde. In der Praxis entscheiden sich deshalb unverheiratete Versicherte häufig für den Kapitalbezug, während Ehepaare oftmals eine Rente beziehen. Diese sogenannte Antiselektion kann sich zum Nachteil einer Pensionskasse entwickeln und die mittel- und langfristige Rentenberechnung und -finanzierung erschweren sowie den Rückstellungsbedarf erhöhen. Im Extremfall sind finanzielle Verluste die Folge. Verschärfend wirkt sich auch das aktuelle Tiefzinsumfeld aus, auch wenn Kapitalbezüge anstelle eines Rentenbezuges für Pensionskassen und Versicherte attraktiv sein können.

Weitsicht ist gefragt

Für die Pensionskassen ist es wichtig, dass sie sich dieser Problematik annehmen und überprüfen, inwieweit bei ihnen ein Handlungsbedarf besteht. In einem ersten Schritt sollte der Rentenbestand analysiert und der Anteil an Verheirateten und Unverheirateten im Rentenbestand überprüft werden. Sofern dies nach den reglementarischen Bestimmungen möglich ist, empfiehlt sich der Wechsel zur individuellen Berechnungsmethode, um das Alter der Ehegatten besser zu berücksichtigen. Sowohl bei der Analyse als auch bei der Lösungssuche kann der Pensionskassen-Experte oder der Vorsorgespezialist wertvolle Hilfe bieten und aufzeigen wie die finanzielle Situation für eine Pensionskasse oder den Versicherten optimiert werden kann.

Franziska Berger, Pensionskassen-Expertin SKPE