die Mobiliar

Das gestohlene Brautkleid

Montag, 31. Mai 2021

Daniela Junker wollte ihrem Hochzeitskleid ein zweites Leben schenken – und sich und ihrer Familie aus dem Verkaufserlös Ferien gönnen. Doch sie ging Cyberbetrügern auf den Leim.

""

Fünf Jahre ist es her, seit sich Daniela und Andreas Junker das Ja-Wort gegeben haben. Sie trug ihr Traumkleid. Es war Liebe auf den ersten Blick: die perfekte Farbe, bestickt, schulterfrei – genau dieses Kleid sollte es sein! «Schon bei der Anprobe fühlte ich mich super», sagt Daniela Junker, heute 31 Jahre alt. Gesehen hatte sie es in einem Geschäft in Baden. «Gut hat mir meine Schwester damals Dampf gemacht.» Lieferfristen für Brautkleider betragen oft Monate. Gerade noch rechtzeitig vor dem grossen Tag traf das Kleid bei Daniela Junker ein.

Die Hochzeitsglocken läuteten in der Barockkirche im solothurnischen Oberdorf. Siebzig Freundinnen, Freunde und Familienmitglieder von nah und fern feierten mit den beiden. Für ihr Kleid habe sie viele Komplimente erhalten.

Die amerikanische Braut

Nach der Hochzeit kam das Kleid gereinigt und geschützt in den Kleiderschrank. Als das Paar zwei Jahre später Eltern eines Mädchens wurde, überlegte sich die junge Mutter, das Kleid für die Tochter aufzuheben. Es blieb im Schrank. Nein, befand Daniela Junker später, es sei schade, das herrliche Kleid so lange ungenutzt aufzubewahren. «Ich hatte so viel Freude daran, ich wollte diese Freude schon früher weitergeben. Und mit dem Erlös Ferien mit der inzwischen vierköpfigen Familie machen.» Das war der Plan.

Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passieren kann.
Daniela Junker

Sie schrieb es auf einer gängigen Online- Plattform aus: wunderschönes Brautkleid, einmal getragen, 1500 Franken. Mit Fotos. Nach zwei Tagen meldete sich eine Interessentin. Es sei Liebe auf den ersten Blick, schrieb die Frau auf Englisch. Genau das Brautkleid, das sie sich wünsche.

Jemand, der ihr Kleid schätzen würde, die fühlte wie sie damals – das gefiel der Grenchnerin. Allerdings: Die Interessentin wohnte in den USA. Junker hakte nach und wollte wissen, wieso sie gerade in Europa ein Kleid kaufen wolle. In den USA hätte sie nichts Passendes gefunden, so die Antwort, und da sie schon bald heiraten werde, fehle die Zeit, um weiterzusuchen. Alle Antworten auf ihre Fragen waren plausibel, der Tonfall freundlich. Ja, die Frau war ihr sympathisch, sie freute sich mit ihr auf die baldige Hochzeit.

Das gute Gefühl

«Happy wedding!», schrieb Daniela Junker auf eine Karte und packte das Kleid vorsichtig ein. Sie brachte das Paket mit dem schönen Gefühl zur Post, jemanden glücklich zu machen. Und für sich einen guten Deal gemacht zu haben.

Am gleichen Tag erhielt sie ein Mail einer US-Bank: Das Geld der Käuferin sei auf einem Konto eingefroren worden. Zu deren Schutz. Schliesslich könnte ja die Verkäuferin nur auf das Geld aus sein, ohne die Ware zu liefern.

Sie wurde im Mail gebeten, 500 Franken auf das Konto zu überweisen. Danach würden ihr der Kaufpreis für das Kleid plus Zusatzbetrag sofort überwiesen. Jetzt realisierte Daniela Junker, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Sofort versuchte sie, den Versand zu stoppen – vergeblich.

«Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passieren kann», sagt die junge Frau. Sie bezeichnet sich selbst als vorsichtig. Und weltfremd ist kein Begriff, der zu ihr passt: Als ehemalige Flight Attendant hatte sie jeden Tag mit den unterschiedlichsten Menschen aus aller Welt zu tun. Auch ihr familiärer Hintergrund ist international. Sie wuchs zusammen mit ihren beiden Schwestern in Singapur auf, als Tochter eines Schweizers und einer Argentinierin.

Der Fehler

Trotzdem tappte Daniela Junker in die Falle: Die Amerikanerin, die ihr so sympathisch gewesen war, entpuppte sich weder als nett noch heiratswillig, vielleicht war sie auch keine Frau. Das Brautkleid war weg. Und Geld kam keines. Ein Fehler war, dass sie ihre Handynummer angegeben und nur per SMS mit der vermeintlichen Käuferin kommuniziert hatte. Die Betrüger nutzten eine falsch registrierte Nummer. So tauchte kein echter Name auf. Sie staunte über die schlaue Inszenierung des Betrugs.

Daniela Junker meldete den Fall der Polizei und informierte über einen Freund der Familie auch die US-Behörden. «Ich wollte dazu beitragen, dass andere nicht auf die gleiche Masche hereinfallen.»

Das (fast) gute Ende

Schliesslich informierte sie auch die Mobiliar, und die bezahlte den gesamten Betrag für Kleid und Porto – dank der Cyberversicherung, die sie vor ein paar Jahren abgeschlossen hatte.

«Ich höre immer wieder solche Geschichten von Online-Betrug», sagt Franco Nussbaumer von der Generalagentur Solothurn, der Daniela Junkers Familie betreut, seit sie 2003 in die Schweiz zurückkehrte. Da gebe es etwa die tollen Ferienhäuser, die, kaum ist die Miete bezahlt, nicht mehr existieren. Oder iPhones auf Online-Marktplätzen, die nie geschickt werden. Und Kreditkartendaten, die über gefälschte Internetseiten miss-braucht werden. «Wer im Internet einkauft, Ferien bucht oder Waren verkauft, geht ein Risiko ein», sagt der Versicherungsberater. «Deshalb empfehle ich die Cyberversicherung. Meine Erfahrung: Es kann alle treffen, Leute wie du und ich.»

Daniela Junker ist froh, dass sie für den Verlust entschädigt wurde. Im Internet kauft und verkauft sie weiterhin. Es ärgere sie aber, dass ihr Kleid nicht in gute Hände kam. Und dass sie sich so hatte täuschen lassen.

Diese und weitere Geschichten erfahren Sie in der neusten Ausgabe des Mobirama, unserem Magazin für Kund:innen der Mobiliar.