Die Herausforderungen für Anleger nehmen nicht ab (4/2020)
Im März sorgte Covid-19 für einen Tiefstand an den Finanzmärkten. Die darauffolgende rasche Erholung war beeindruckend. Doch die Herausforderungen werden nicht kleiner. Im Gegenteil.
Die Finanzmärkte haben sich seit dem Tiefstand im März erstaunlich rasch und stark erholt. Die Erholung war jedoch je nach Region und Branche sehr unterschiedlich. Märkte, die einen grossen Technologiesektor aufweisen oder defensive Branchen, wie zum Beispiel der Gesundheits- und Basiskonsumgüterbereich, haben sich als besonders robust erwiesen. Es ist daher nicht erstaunlich, dass sich der Schweizer Aktienmarkt und vor allem der US-Aktienmarkt im bisherigen Jahresverlauf besonders gut entwickelt haben (siehe Grafik «Performance verschiedener Aktienmärkte»).
Aber auch die Kreditprämien von Unternehmensanleihen haben sich wieder weitestgehend normalisiert (siehe Grafik «Unternehmensanleihen fair bewertet» im Teil Obligationen). Was diese Krise besonders auszeichnet ist, dass sie laufende strukturelle Veränderungen besonders beschleunigt hat. Insbesondere die Digitalisierung hat so nochmals einen starken Schub erhalten, quer durch alle Branchen. Von dieser Entwicklung profitierten auch unsere Portfolios. Da wir uns bei unseren Investments auf Qualität fokussieren, hat dies zur Folge, dass unser Portfolio stärker von strukturellem, als von zyklischem Wachstum profitiert.
Kriegen wir die Pandemie in den Griff?
Schauen wir nach vorne, stellen wir fest, dass die Herausforderungen für Anleger nicht kleiner werden. Kriegen wir die Pandemie in den Griff? Wie geht es nach den Wahlen in den USA weiter? Beide Themen sind in den Medien sehr präsent. Wir gehen davon aus, dass sich die konjunkturelle Erholung fortsetzen wird. Dies wird jedoch Zeit in Anspruch nehmen und nicht linear verlaufen. Der Erholungspfad hängt auch davon ab, mit welchen Einschränkungen wir wegen Covid-19, zumindest vorerst, noch leben müssen. Auch in der Schweiz sind viele Betriebe überdurchschnittlich von der Krise betroffen, weshalb wir davon ausgehen müssen, dass die Zahl der Konkurse und die Arbeitslosigkeit ansteigen wird. Aufgrund der US-Wahlen und der möglichen Folgen daraus, schliessen wir kurzfristige Rückschläge an den Märkten nicht aus. Für uns, als mittel- bis langfristig orientierte Investoren, sind jedoch die grundlegenden Entwicklungen von grösserer Bedeutung. Deshalb konzentrieren wir uns auf die Politik der Notenbanken und die Fiskalprogramme der Regierungen. Diese zielen entschieden auf eine Stützung der Weltkonjunktur ab, unabhängig der politischen Gesinnung. Auch die Notenbanken werden ihre lockere Geldpolitik noch sehr lange aufrecht erhalten (vergleiche auch Coronakrise: Anlegen in Zeiten der Pandemie 2/2020). Beide Faktoren unterstützen die Wertentwicklung von Sachwerten wie zum Beispiel Aktien und Gold (siehe Grafik «Bilanz der US-Notenbank im Vergleich zum Aktienmarkt und Goldpreis»).
Die Folgen der Covid-19-Pandemie beeinflussten die Finanzmärkte im dritten Quartal weiterhin stark. Um die negativen Effekte der steigenden Arbeitslosigkeit auf die Haushaltseinkommen und die Konsumtätigkeit abzufedern, blieb die Fiskal- und Geldpolitik weiterhin expansiv. Hierbei ist vornehmlich die Geldpolitik relevant für die Entwicklung der Zinsen. So stellte beispielsweise die US-Notenbank (Fed) eine Nullzinspolitik bis Ende 2022 in Aussicht. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) wird die Zinsen weiterhin tief halten. Sie wird zudem versuchen, mit Ankäufen von Wertpapieren den Obligationenmarkt bestmöglich zu stabilisieren. Die Schweizerische Nationalbank wird die Zinsen somit ebenfalls tief halten und bei Bedarf am Devisenmarkt intervenieren. Dementsprechend ist von der Geldpolitik in absehbarer Zukunft kein Druck auf höhere Zinsen zu erwarten.
Der Schweizer Anleihenmarkt verzeichnete im dritten Quartal aufgrund der leicht tieferen Zinsen und einer leichten Reduktion der Kreditprämien eine positive Performance von 0.9 Prozent.
Spreads
Nach den Verwerfungen im März, als Angebot und Nachfrage in grossem Ungleichgewicht waren, haben sich die Kreditprämien im dritten Quartal weiter stabilisiert und sich vorwiegend seitwärts entwickelt. Dennoch tendieren die Renditeaufschläge für Unternehmensanleihen auf Jahresbasis weiterhin leicht höher. Vom Lockdown waren die meisten Unternehmenssektoren stark betroffen. Nach der Aufhebung der staatlichen Unterstützungsmassnahmen entwickelten sich die einzelnen Branchen sehr unterschiedlich. Am meisten leiden nach wie vor die direkt und indirekt betroffenen Unternehmen in der Tourismusbranche, etwa die Flugindustrie, Hotellerie und Gastronomie.
Positionierung
Aktien
Global
Aktien erholten sich über den Sommer stabil weiter vom Corona-bedingten raschen Verkauf (Abverkauf) im März. Die globalen Aktienmärkte adaptierten zügig das neue «Normal». Weiterhin Unterstützung bekommt die Anlageklasse von den sich verbessernden Wirtschaftsdaten nach dem Lockdown, der historisch expansiven Geldpolitik der Notenbanken sowie der Hoffnungen auf weitere Stimuluspakete der verschiedenen Staaten. Die Fiskalpolitik ist ein wichtiger Faktor für eine weitere Stabilisierung der Wirtschaft und der Märkte geworden. Das für lange Zeit bleibende Tiefzinsumfeld macht Aktien auf Jahre hinaus attraktiv. Ebenfalls sind die Erwartungen der Märkte gross, dass innerhalb der nächsten sechs Monate eine Impfung gegen Covid-19 den Durchbruch schaffen wird. Aus diesem Grund sind in letzter Zeit auch die lange verschmähten zyklischen Aktien wieder vermehrt nachgefragt worden. Zyklisches Wachstum findet man vor allem im sogenannten «Value» Bereich/Stil. Dies kann sich temporär negativ auf die Performance unseres Portfolios auswirken, da wir uns eher auf das Segment der «Quality Growth»-Unternehmen, also Unternehmen mit strukturellem Wachstum und hoher Visibilität, konzentrieren. Dazu gehören unter anderem auch die Pandemiegewinner aus dem Technologiesektor. Die Pandemie, mit wieder steigenden Fallzahlen, scheint aber noch nicht ausgestanden zu sein und es drohen neue, regionale Lockdowns. Dies kann an den Märkten zwischenzeitlich für neue Volatilität sorgen und das Wirtschaftswachstum lähmen. Darum fühlen wir uns mit unserem bewährten Stil langfristig nach wie vor gut positioniert.
Schweiz
Schweizer Aktien gehören im Jahresverlauf performancemässig zu den besten im Weltkontext. Die defensive Qualität heimischer Aktien sowie die Tatsache, dass sie in Nischensegmenten führend sind, macht die Wertpapiere auch für ausländische Investoren attraktiv. Es scheint zudem, dass sich Schweizer Unternehmen durch die guten Rahmenbedingungen in unserem Land auch in Krisensituationen schnell an neue Gegebenheiten anpassen können. Dies wurde nicht erst jetzt mit der Pandemie bewiesen, sondern bereits durch die andauernde Stärke des Schweizer Frankens. Gegen Ende des Quartals gerieten die Pharma-Schwergewichte Roche und Novartis unter vermehrten Abgabedruck, da sich bei den US-Wahlen die Demokraten wohl eine Mehrheit der Sitze sichern werden. Deshalb wird vermutet, dass die Demokraten die hohen Preise von Medikamenten stärker bekämpfen werden.