Prix Mobilière 2026

Die nominierten Künstlerinnen für den Prix Mobilière 2026 repräsentieren das zeitgenössische Geschehen in der Schweizer Kunstlandschaft. Durch unterschiedliche Ausdrucksformen hinterfragen sie wichtige Themen unserer Zeit. Mehr Informationen zu den nominierten Künstlerinnen und Künstlern finden Sie hier.
Nominationskomitee für den Prix Mobilière 2026
- Kathleen Bühler, Chefkuratorin Kunstmuseum Bern
- Joëlle Comé, Direktorin Istituto Svizzero, Rom
- Fanni Fetzer, Direktorin Kunstmuseum Luzern
- Léa Fluck, Leiterin visuelle Künste der Sektion Kulturschaffen, Bundesamt für Kultur, Bern
- Camille Regli, unabhängige Kuratorin und Co-Direktorin KRONE COURONNE, Biel
- Juri Steiner, Direktor Musée cantonal des Beaux-Arts, Lausanne
- Pedro Wirz, Künstler, Zürich und Pindamonhangaba (BR)
Die Nominierten 2026
Monika Emmanuelle Kazi (* 1991 in Frankreich (FR), lebt und arbeitet in Genf)
«Das Schaffen von Monika Emmanuelle Kazi ist geprägt durch eine einzigartige Reflexion über die Erinnerung und fragmentierte Erzählungen auf persönlicher oder kollektiver Ebene, aber auch durch eine zurückhaltende und zugleich ausdrucksstarke Ästhetik. Ihre von einer zarten Nostalgie getragene künstlerische Praxis ist durchdrungen von kolonialen, familiären und emotionalen Geschichten, die die Künstlerin in Installationen, Texten, Videos und Performances erkundet. Ihr Schaffen entfaltet sich zwischen ihrem Heimatland Kongo und den Orten, an denen sie geboren wurde und aufgewachsen ist – Paris, Brüssel und Genf – und ist das Ergebnis einer Art Reibung zwischen Räumen, Gesten und Erinnerungen. Dabei greift sie wiederkehrende Themen und Objekte wie Wasser, Milchpulver, Gesellschaftsspiele (insbesondere Brettspiele), Architektur oder auch das Häusliche als intime und politische Leitmotive auf. Ihre Praxis widersetzt sich jeder Form von Fixierung und bringt eine verkörperte, poröse und ständig im Werden begriffene Erinnerung zum Ausdruck.»
Camille Regli

Lorenza Longhi (*1991 in Lecco (IT), lebt und arbeitet in Zürich)
«Lorenza Longhis Werk schafft Schönheit, gleichzeitig übt es Kritik. Wie geht das zusammen? Die Künstlerin beschäftigt sich mit gestalterischen Konventionen, zitiert Designklassiker, Büromaterial oder die Möblierung des öffentlichen Raums. Sie thematisiert in ihrer Arbeit unser je nach Kontext variierendes Verhalten, beispielsweise in einem Geschäft, im Büro oder in einem Ausstellungsraum. Ganz zeitgemäss verfährt die Künstlerin dabei nach dem Prinzip DIY und findet ihre Materialien oft im Brockenhaus oder am Strassenrand. Ästhetisch sind Longhis Werke aber keine Bricolage, sondern erinnern an Minimal Art. Sie lehnen sich an Konzeptkunst an, fragen kritisch nach Stil, gutem Geschmack und den feinen Unterschieden, mit denen wir uns von anderen abheben. Longhi platziert beispielsweise Bänke im Ausstellungsraum, die sowohl als skulpturale Setzung als auch als Sitzgelegenheit verstanden werden können – wir als Publikum sind folglich bei der Betrachtung ihrer Kunst zugleich Teil der Ausstellung. Visuell, räumlich und intellektuell gleichermassen anregend verbindet die Künstlerin Institutionskritik mit DIY-Strategien.»
Fanni Fetzer

Anita Muçolli (*1993 in Burgdorf (CH), lebt und arbeitet in Basel)
«Anita Muçolli beschäftigt sich mit der psychologischen Wirkung von Objekten, Gebäuden und Räumen. Dabei geht sie von Bestehendem aus und versetzt dieses in eine neue Konstellation, in ein neues Material oder eine neue, geglättete Formensprache. Diese Vorgehensweise der Entfremdung und Zuspitzung ermöglicht die konzentrierte Betrachtung der Ausdrucksqualitäten von Räumen und Gegenständen sowie der sozialen und politischen Absichten, die hinter ihrer Formgebung stehen. Muçolli nimmt dabei den westlichen Fortschrittsglauben aufs Korn, der sich an der Überzeugung, alle Probleme der Menschheit mit stets neuen Technologien lösen zu können, bemisst. Was sich auf der einen Seite als auf Effizienz getrimmtes, glattes Design präsentiert, lässt auf der anderen Seite immer klarer einen eklatanten Verlust an Spirituellem, Emotionalem oder Ethischem erkennen. Diese Mischung aus Optimismus, Leistungsdenken, aber auch Angst kleidet sich in zwiespältige abstrakte Formen, die Muçolli untersucht und dabei das Abhandenkommen von humanen Dimensionen in unseren Gesellschaften als Preis für technologische Perfektion thematisiert.»
Kathleen Bühler

Yoan Mudry (*1990 à Lausanne (CH), lebt und arbeitet in Genf)
«Yoan Mudry bedient sich der Flut von Bildern und Texten, die uns jeden Moment zu verschlingen droht. Er hält diesen allgegenwärtigen digitalen Fluss nach einem zufälligen System an oder unterbricht ihn vielmehr und friert populäre Referenzen ein, die sich in hyperrealistischen Acryl- und Ölgemälden überlagern. Weil unser Gehirn selbst dort nach Sinn sucht, wo nur Absurdität vorhanden ist, und dabei leicht die Orientierung verliert, kartografiert Mudry für uns den Übergang zu dieser nicht fassbaren Dimension der «Spannung zwischen dem Figürlichen und dem Abstrakten, dem Intuitiven und dem Exakten, dem Menschlichen und der Maschine» (Yoan Mudry). In seinen Reflections on Painting spiegelt sich nicht die Tiefe des Denkens, sondern die nackte Oberfläche. Damit löst er eine befreiende Wirkung aus. Motorisierte Schuhe und singende Bialetti-Mokkatiere nehmen uns mit in eine spekulative Sphäre, in der vermeintlicher Unsinn viel vertrauenswürdiger erscheint als die Allgegenwart einer absurden Deutungshoheit.»
Juri Steiner

Cassidy Toner (*1992 in Baltimore (USA), lebt und arbeitet in Basel)
«Was ich an Cassidys Arbeit liebe, ist dieser Moment, in dem man nicht weiss, ob man lachen oder weinen soll – und manchmal muss man beides gleichzeitig tun. Ihre Kommentare sind so scharf, dass sie durch das «gesellschaftliche Fleisch» unserer geteilten Realität schneiden. Sie durchbohren die «hautgemachte Maske» und dringen in tiefere Schichten vor: Sie kratzen am Firnis unserer Gewissheiten, reissen durch das Gewebe unserer Gewohnheiten, unserer «blutig» und stillschweigend normalisierten Formen des Zusammenlebens. Cassidy weiss, wie man diesen blinden Fleck mit «chirurgischer Ironie» trifft – mit scharfer Präzision –, ohne jemals ihren Humor zu verlieren und mit genau dem richtigen Mass an «schlechter Laune». Sie schafft Kunst, die mit Intelligenz entwaffnet und durch eine als Witz getarnte Verletzlichkeit fesselt.»
Pedro Wirz

Gaia Vincensini (*1992 in Genf (CH), lebt und arbeitet zwischen Genf und Paris)
«Gaia Vincensini zeigt Qualitäten, die für eine junge Künstlerin beeindruckend sind: eine gefestigte Praxis, inspiriert von einer weiblichen künstlerischen Tradition, die sie zu einer Auseinandersetzung mit verschiedenen Techniken animiert hat – von Keramik über Textilkunst und Radierungen bis hin zum Film und Zeichnen. Der Wechsel zwischen individuellen und gemeinschaftlichen Projekten bietet ihr einen Austausch, aus dem sie schöpfen kann, und ermöglicht es ihr, als unabhängige Künstlerin oder im Rahmen eines Kollektivs zu experimentieren (sie arbeitet mit dem 2018 gegründeten Kollektiv Inner Light zusammen). Im Dialog mit Forschenden anderer Disziplinen erweitert sie ihr Themenfeld um Gold, Alchemie und das Wunderbare. Zudem überzeugt sie mit humorvoller Gesellschaftskritik, die zeitgenössische und typisch schweizerische Themen wie das Bankgeheimnis, Machtdynamiken, Finanzspekulation, die Kommerzialisierung der Zeit oder die Luxusuhrenindustrie aufgriff und dabei Realität und Fantasie miteinander verknüpfte.»
Joëlle Comé

Ilaria Vinci (*1991 in Cisternino (IT), lebt und arbeitet in Zürich)
«Die immersiven Mixed-Media-Installationen und -Werke von Ilaria Vinci erkunden die Dynamik zwischen Populärkultur und der Entstehung des kollektiven Imaginären. Durch die Kombination von Elementen aus dem Kino, Themenparks, kommerziellem Design und Merchandising-Artikeln schafft sie eine Sprache, die sowohl sinnlich als auch konzeptuell ist. Ihre «Zone der Fantasie», wie sie es bezeichnet, beschwört eine poröse Realität herauf, in der sich Emotionen, mythische Figuren, simulierte Objekte und industrielle Formen überlagern. Mit fragmentierten Erzählungen und einer strengen Ästhetik erzeugt die Künstlerin eine Spannung zwischen Fiktion und Alltag, zwischen Begehren und Mechanismen der Standardisierung. Ihre Arbeit regt zu einer kritischen und spielerischen Reflexion darüber an, wie massenhaft produzierte Bilder, Objekte und Erzählungen zur Entstehung zeitgenössischer Subjektivitäten beitragen.»
Léa Fluck





